Die Apothekerkammer Nordrhein führt derzeit ein Projekt zur Arzneimittelberatung in Pflegeheimen durch. Dabei identifizieren heimversorgende Apotheken gemeinsam mit dem Pflegepersonal Patienten, bei denen aufgrund einer Polymedikation Probleme entstanden sind. Die Apotheken werden dafür von einem auf geriatrische Pharmazie spezialisierten Unternehmen geschult und erhalten eine Computersoftware. In der Testphase müssen die Apotheker die Kosten zu zwei Dritteln selbst tragen, den Rest zahlt die Kammer. Langfristig sollen aber auch Krankenkassen ins Boot geholt werden.
Seit Anfang des Jahres betreibt die Kammer das „Arzneimittelrisikomanagementsystem“ gemeinsam mit der Gesellschaft für geriatrische Pharmazie „GeroPharm Care“. Bislang nehmen elf Apotheken und somit auch elf Heime an dem Projekt teil.
Ziel ist es, durch Interaktionen entstandene Probleme zu erkennen und zu lösen: Der Kammer zufolge entstehen auf 100 Heimbewohner monatlich acht neue arzneimittelbedingte Neuerkrankungen oder Zwischenfälle. Beispiele sind Stürze, Psychosen oder Delirien.
Um dies zu vermeiden, installiert GeroPharm in der Apothekensoftware ein Programm, das Risiken in der Medikation der zu beliefernden Heimbewohnern identifizieren soll. Dabei werden alle unerwünschten Arzneimittelereignisse (UAE) des Heimbewohners mit seiner Medikation in Verbindung gebracht. Wie das Programm genau funktioniert, will GeroPharm nicht verraten. Die Risikoanalyse soll Unternehmensangaben zufolge eine sehr hohe Treffergenauigkeit haben.
Mit diesen Hinweisen geht der Apotheker einmal im Monat ins Pflegeheim, um sich mit dem Personal zu besprechen. Auch die Pfleger können Risikopatienten vorstellen. Gemeinsam werden Änderungen an der Therapie erarbeitet, die dann den verschreibenden Ärzten vorgeschlagen werden.
Während der zweijährigen Testphase müssen die Apotheker sich auch fortbilden: GeroPharm unterrichtet die Pharmazeuten in geriatrietypischen UAE, Therapiebeobachtung und Medikationsmanagement. Für die Software und die Schulungen müssen die Apotheken im ersten Jahr 2400 Euro zahlen, im zweiten Jahr nochmals 1200 Euro. Den Rest der Kosten trägt die Kammer.
Wenn das Arzneimittelrisikomanagement in einem Heim erfolgreich installiert ist, will die Kammer diesem ein Prüfsiegel verleihen. Gegenüber den Patienten und den Prüfern der Krankenkassen soll dies für Patientensicherheit sprechen.
Die Kammer will das Arzneimittelrisikomanagement im kommenden Sommer evaluieren. Bei der Untersuchung wirken unter anderem der Lehrstuhl für Geriatrie an der Universität Witten-Herdecke und der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDS) mit.
Mit den Ergebnissen will sich die Kammer im kommenden Jahr bei den Krankenkassen vorstellen. Es soll gezeigt werden, dass nicht nur die UAE der Heimbewohner, sondern auch die Arzneimitteltherapiekosten gesenkt werden können. Ziel ist die flächendeckende Einführung des Modells, bei der die Apotheker honoriert werden.
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