Noch 2 Jahre, 3 Monate und 4 Tage! Laura Schulz, 28.09.2024 07:55 Uhr
Noch zwei Jahre, drei Monate und vier Tage, noch zwei Jahre, drei Monate und drei Tage und so weiter und so fort. Das ist das neue tägliche Mantra der Inhaber:innen. Denn dann – ja, dann wird alles besser. Lauterbach hat es prophezeit! Alle finanziellen Probleme lösen sich dann in Luft auf, weil die Apotheken dann endlich direkt mit den Kassen verhandeln können. Jackpot!
„Jetzt kann man sagen: 2027 ist zu spät. Na ja. Aber die Apotheken, die jetzt noch ein oder zwei Jahre durchhalten, die haben danach diese Perspektive. Das ist keine Kleinigkeit“, so Lauterbach kürzlich bei einer Veranstaltung, bei der ihm Apotheker mal die Meinung sagen durften. An Teflon-Lauterbach perlte das – wie immer – ab. Aber die Apotheker:innen haben jetzt immerhin ein Ziel vor Augen: Noch zwei Jahre, drei Monate und vier Tage durchhalten!
Apotheker Schwabe weiß, was zu tun ist. Sparen kann er! Wenn es nur darum geht, noch etwas durchzuhalten, dann hat er endlich wieder etwas, worauf er hinarbeiten kann. Ja, um durchhalten ging es auch schon die letzten Jahre, aber jetzt gibt es wieder ein Ziel. Er ist 60, ihm graute schon davor, was wohl aus der Apotheke werden würde, wenn es auf die Rente zugeht.
Nach Skonto-Einschnitten und ausbleibenden Erhöhungen in den kommenden zwei Jahren, drei Monaten und vier Tagen macht er sich nun einen Plan, wie es weitergehen könnte. Größter Kostenpunkt: das Personal. Das muss gestrichen werden. Vielleicht noch eine PTA behalten – oder, noch besser: seine treue Pharmazieingenieurin, die darf ihn wenigstens auf jeden Fall vertreten. Hochpreiser-Rezepte werden nur noch angenommen, wenn es die aktuelle Lage zulässt. Öffnungszeiten nur noch so, wie es zwingend erforderlich ist. Abseits werden die Termine für die pharmazeutischen Dienstleistungen erledigt, damit Verdienstausfälle im regulären Betrieb möglichst vermieden werden.
Mögen die Stärkeren überleben
Noch ein Jahr, drei Monate und vier Tage sagt er sich am 28. September 2025. Zwischenzeitlich müssen die anderen Apotheken rundherum schließen, teilweise sogar Insolvenz anmelden. Schlecht für die anderen, gut für mich, freut er sich dann fast. Die Kunden der Konkurrenz landen nun bei ihm – jedenfalls alle, die akut etwas brauchen. Für Apotheker Schwabe steigt dabei nicht nur der Umsatz, sondern endlich auch der Gewinn. Ein Terminal in der Apotheke unterstützt und gleicht das fehlende Personal aus.
Lauterbach hatte Recht: Nur noch durchhalten! Darwinismus und so. Wer stark genug ist, schafft auch das. Geschafft haben es die, die sich wie Schwabe mehr oder weniger allein durchschlugen oder im großen Verbund stark genug waren. Die Kassen freuen sich schon darauf, statt mit den 17.288 Apotheken aus Mitte 2024 nur noch mit 12.000 Apotheken verhandeln zu müssen, beziehungsweise mit den nur noch 6000 Inhaber:innen. Das ist doch mal eine Basis, auf der man auch am Honorar schrauben kann.
Schwabe bereitet sich als Teil des DAV schon mit der Fülle an Argumenten auf die Gespräche mit den Kassen vor. Noch drei Monate und vier Tage, sagt er sich 2026. Endlich ist seine Chance gekommen! Bloß gut, dass man sich die vor zwei Jahren nicht entgehen ließ …
Der Problemlöser
„Das ist das Problem, das ich lösen möchte, und nicht das Problem, das ich schaffen will“, so Lauterbachs philosophische Worte. Bei anderen Berufsgruppen habe die Direktverhandlung der Honorare eine deutliche Steigerung gebracht. So werde es auch den Apotheken gehen, ist sich der Gesundheitsminister sicher. Diese „einmalige Gelegenheit“ sollte sich die Apothekerschaft nicht entgehen lassen, mahnt er in Richtung Abda. Für die Apotheker:innen ist es schwer, bei diesen Äußerungen an sich zu halten. So mancher Apotheker ist auch froh, nicht beim Termin in Walsrode dabei gewesen zu sein.
Neben der Apothekenreform setzt den Apotheker:innen auch das triviale Markt-Gebaren zu. Um die Macht des Stärkeren geht es nämlich auch den Versendern. DocMorris geht mit einer aktuellen Plakatkampagne zielgerichtet auf Kund:innen der Vor-Ort-Apotheken zu. Perfide mag man sagen, smartes OOH-Marketing (Out of Home – für die Nicht-Marketeers) manch andere. Lauterbach wirbt derweil für Shop Apotheke und CardLink im TV, Gesund.de auch und Apotheker:innen haben es immer schwerer, den Durchblick zu behalten – musste nicht auch irgendein Konnektor getauscht werden?!
Der Alltag ist ohnehin spannend genug, da muss gar nicht zu viel in die Glaskugel geschaut werden. Beim E-Rezept gibt’s Unstimmigkeiten, wer nicht aufpasst, verliert bares Geld. Wer nicht richtig – also per Fax – mit den Kollegen aus der Arztpraxis kommuniziert, sowieso. Kein Wunder, dass da auch diese Woche von Schließungen zu berichten war – da hilft auch kein goldenes Apothekenschild mehr.