Angestellte Apothekenmitarbeiter können ab Mitte des Jahres ihren Renteneintritt flexibler gestalten als bisher: PTA, PKA und andere Angestellte ab 63 Jahren können dann Teilrente beziehen und bis zu 6300 Euro jährlich hinzuverdienen. Flexi-Rente heißt das Modell der gesetzlichen Rentenversicherung. Für berufsständisch versicherte Apotheker wären solche Modelle schon immer möglich gewesen, in der Realität gibt es solche gleitenden Übergänge so gut wie nicht. Nur der Verbund der Versorgungswerke Niedersachsen und Berlin bietet seit Kurzem Flexi-Rentenmodelle an. Die sind aber wenig beliebt.
„Bisher haben nur zwei Werke – Niedersachsen und Berlin – solche Regelungen“, erklärt Stefan Strunk, Geschäftsführer Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen (ABV). „Im Gesamtsystem der berufsständischen Versorgung gibt es zwar Überlegungen zu einer solchen Flexibilisierung des Renteneintritts, im Bereich der Apotheker wohl jedoch eher zögerlich.“ Laut Strunk ist die Resonanz bei den Apothekern bisher zurückhaltend. Im Vergleich zu anderen Heilberufen halte sich das Interesse bei den Pharmazeuten in Grenzen.
„Wohlverdienter Ruhestand – was eigentlich verlockend klingt, bereitet manchem, der auf den Tag X zusteuert, auch Unbehagen. Denn der abrupte Wechsel nach vielen erfüllten Berufsjahren bedeutet für Selbstständige wie auch für Angestellte eine große Umstellung“, preist das Versorgungswerk Niedersachsen sein Modell als „die wahre Flexi-Rente“ an. Viele Neuruheständler entdeckten neue Betätigungsfelder und Hobbys. Für viele öffne sich anstelle der täglichen Begegnung mit Kollegen, Mitarbeitern und Kunden aber auch erst einmal eine große Lücke im Tagesablauf. „Manche Vollzeitberufstätige erleiden einen regelrechten ‚Verrentungsschock!‘“
Ein gleitender Übergang vom Berufsleben in die Rentenphase habe dagegen viele Vorteile: „Mit der neuen vorgezogenen Teilaltersrente eröffnet die Apothekerversorgung Niedersachsen ihren Mitgliedern genau diese Option.“ Das Prinzip sei so „einfach wie charmant“: Bereits seit vergangenem Jahr können Apotheker bis zu fünf Jahre vor dem regulären Renteneintrittsalter einen Teil der monatlichen Altersrente beziehen. Weiterarbeiten ist ebenso möglich wie weitere Einzahlungen ins Versorgungswerk.
Aus Sicht des Versorgungswerks hat dieses Modell einige positive Effekte: Selbstständige Apotheker könnten in Ruhe den Nachfolger einarbeiten und ihn mit Rat und Tat unterstützen. Die vorgezogene Teilrentenzahlung ermögliche es ihnen aber gleichzeitig, kürzer zu treten und sich so schon schrittweise an den Ruhestand zu gewöhnen. Auch für Apothekenmitarbeiter sei die Teilrente interessant, weil sie mehr Zeit für Privates und gute Einkünfte durch die Kombination von Gehalt und Rentenzahlungen ermögliche. Und zugleich könnten sie ihre noch nicht in eine vorgezogene Teilaltersrente gewandelte Anwartschaft durch Beitragszahlung weiter aufstocken. Und für Arbeitgeber sei die Flexi-Rente ein wichtiger Baustein, erfahrene Mitarbeiter im Unternehmen zu halten.
Statt dem „Alles oder Nichts“-Prinzip bietet das Versorgungswerk Niedersachsen seit 2016 drei Teilaltersrenten-Modelle an: 30, 50 oder 70 Prozent. Es gelten keine Hinzuverdienstgrenzen.
Allerdings führt die vorgezogenen Teilrente wie beim gesetzlichen Gegenstück zu Abschlägen: Wer bislang fünf Jahre früher seine Vollrente abfordert, musste eine Rentenminderung von 22,2 Prozent hinnehmen. Das neue Flexi-Modell spaltet die Rente in zwei Hälften: Dabei können Mitglieder, die eine vorgezogene Teilaltersrente beziehen, den Starttermin für den Bezug ihrer zweiten Rentenhälfte selbst festlegen.
Dazu hat das Versorgungswerk Modelle errechnet: Ein Apotheker, der 1983 mit 28 Jahren ins Versorgungswerk eingestiegen ist und ohne Unterbrechung Beitrag gezahlt hat, erhält mit Mitte 65 Jahren eine Vollrente von 4160 Euro. Ginge er nach dem bisherigen Modell bereits mit 60 Jahren in den Ruhestand, minderte sich die Vollrente auf 2881 Euro.
Das neue Flexi-Modell bietet mit Mitte 60 eine 30-prozentige Teilrente von 864 Euro. Ab 65 kommt dann die zweite Rentenhälfte in Höhe von 3079 Euro hinzu. Die Gesamtrente beträgt dann ab 65 Jahre 3943 Euro. Bei einer vorgezogenen Halbrente von monatlich 1440 Euro verringert sich die Vollrente ab 65 Jahre auf 3797 Euro und bei einer vorgezogenen 70-prozentigen Teilrente auf 3652 Euro.
Das Versorgungswerk Niedersachsen ist hinter Bayern die Nummer 2. Hier sind auch Apotheker aus Hamburg und Sachsen-Anhalt versichert, die sich keine eigene Einrichtung leisten wollten. 9500 Mitgliedern, die zuletzt 70 Millionen Euro einzahlten, stehen 2300 Versorgungsempfänger gegenüber, an die 50 Millionen Euro ausgezahlt wurden. Der Kapitalstock beläuft sich auf 1,8 Milliarden Euro. Seit 2012 wird das operative Geschäft nicht mehr von der Ärzteversorgung in Hannover betreut, sondern von der Verwaltungsgesellschaft für Versorgungswerke (VGV) in Berlin.
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