Die AOK Niedersachsen hat gleich zwei Verträge im Hilfsmittelbereich gekündigt: die Vereinbarung über Stomaartikel und den Vertrag über die Versorgung mit Hilfsmitteln, Verbandstoffen sowie Sonden- und Trinknahrung bei enteraler Ernährung. Die Verträge laufen noch bis Ende März, dann gilt eine zweimonatige Übergangsfrist bis Ende Mai. In dieser Zeit will die Kasse keine Retaxationen aussprechen.
Der derzeitig noch gültige Rahmenvertrag zur Hilfsmittelversorgung zwischen der AOK und dem Landesapothekerverband (LAV) gilt seit Februar 2009. Für die Versorgung mit Stomaartikeln sieht er bislang eine Monatspauschale in Höhe von 215 Euro vor. Diese umfasst neben den eigentlichen Hilfsmitteln Zubehörteile, Zurüstungen, Ersatzteile, Reparaturen sowie die Dienst- und Nebenleistungen.
Trotz der Kündigung des Vertrags zur enteralen Ernährung können Sonden- und Trinknahrung sowie Verbandstoffe auch weiterhin zu den bestehenden Konditionen abgegeben und abgerechnet werden. Bei den Applikationshilfen gilt dagegen die Übergangsfrist bis Ende Mai.
Einen Anlass für die Kündigung der Vereinbarungen gibt es nicht. Einem AOK-Sprecher zufolge kommen die Verträge regelmäßig auf den Prüfstand, um die Preise zu kontrollieren. Seit Dezember verhandeln LAV und AOK über eine neue vertragliche Vereinbarung, bislang ohne Ergebnis. In diesem Zusammenhang hat die Kasse gegenüber dem Apothekerverband bestätigt, bis Ende Mai die Abrechnung durch Apotheken nach den derzeit geltenden Konditionen zu akzeptieren und keine Retaxationen auszusprechen.
Mit anderen Leistungserbringern hat die AOK bereits neue Verträge abgeschlossen. Für die Versorgung mit Stomaartikeln gibt es fünf verschiedene Verträge, die eine Monatspauschale zwischen 156 und 207 Euro vorsehen. Mit der Vielfalt solle den verschiedenen Leistungsanbietern und Leistungsspektren Rechnung getragen werden, erklärt der AOK-Sprecher. Auch kleinen Anbietern solle auf diese Weise ermöglicht werden, sich an der Versorgung zu beteiligen. Für Apotheker bestehe derzeit aber kein Handlungsbedarf, ihr Vertrag werde mit dem LAV ausgehandelt.
Für die Versorgung bei enteraler Ernährung hat die AOK ebenfalls bereits neue Verträge abgeschlossen. Darin ist eine Monatspauschale zwischen 189 und 247,50 Euro für Sondennahrung vorgesehen. Für Trinknahrung erhalten die Leistungserbringer den Apothekeneinkaufspreis (AEP) minus 10 beziehungsweise 8 Prozent, für Ernährungssonden den AEP minus 5 beziehungsweise 4 Prozent. Monatliche Pauschalen gibt es außerdem für Verbandstoffe (15 Euro) und Technik (125 bis 130 Euro). Für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen liegt die Pauschale etwas höher.
Doch auch bei anderen Hilfsmitteln drückt die AOK die Preise: Im vergangenen Jahr hatte die Kasse bereits neue Verträge über die Versorgung mit ableitenden Inkontinenzartikeln ausgehandelt, seit Oktober gilt eine Ergänzungsvereinbarung zum Hilfsmittelvertrag.
Demnach erhalten Apotheken für Artikel dieser Produktgruppe entweder den Festbetrag minus 11,5 Prozent, oder – wenn es keinen Festbetrag gibt – den in der Lauertaxe gelisteten AEP. Ist ein Produkt nicht gelistet, kann der Einkaufspreis plus 5 Prozent abgerechnet werden. Zuvor waren der Festbetrag ohne Abschläge, der in der Lauertaxe gelistete AEP plus 10 Prozent beziehungsweise der nicht gelistete Preis plus 15 Prozent vergütet worden.
Auch in anderen Bundesländern sinken die Pauschalen. In Bayern beispielsweise zahlt die AOK seit Oktober 2014 nur noch 25 Euro im Monat für aufsaugende Inkontinenzhilfen. Von der Versorgung mit ableitenden Inkontinenzhilfen sind die bayerischen Apotheker bereits seit 2011 faktisch ausgenommen, da die Kasse seitdem unter anderem einen examinierten Krankenpfleger fordert.
In Baden-Württemberg liegt die Pauschale für aufsaugende Inkontinenzprodukte seit 2013 bei 29 Euro. Drei Jahre zuvor hatte der LAV noch eine Pauschale von 33 Euro als „Versorgung zu Dumpingpreisen“ kritisiert und das Angebot der AOK abgelehnt. Daraufhin hatte die Apothekenkooperation Linda einen Vertrag mit der Kasse abgeschlossen. Im Herbst 2012 hatte dann auch der LAV eine entsprechende Vereinbarung mit der Kasse getroffen.
Die niedrigen Preise im Hilfsmittel hat zuletzt der „Spiegel“ kritisiert. Für die Versicherten bedeute dies Mangelware von minderer Qualität und in der Konsequenz die Wahl zwischen Wundliegen und Draufzahlen.
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