Die Eine-Million-Euro-Apotheke Carolin Bauer, 02.11.2015 08:12 Uhr
Florian Wehrenpfennig hat seine Apotheke digitalisiert. Der Inhaber der neu eröffneten Rathaus-Apotheke in St. Augustin in Nordrhein-Westfalen hat Flachbildschirme in der Sichtwahl und eingearbeitete Touchscreens am HV-Tisch installieren lassen. Mit der neuen Einrichtung will er sich positionieren: Denn gleich zwei Drogerien haben sich um die Ecke angekündigt. Dafür hat der Pharmazeut tief in die Tasche gegriffen.
Den Anstoß brachte ein Neubau des Einkaufszentrums, in dem sich die Apotheke befindet. Wehrenpfennig ist seit 21 Jahren an dem Standort. Die Apotheke hat er dreimal umgebaut. „Ich habe schon immer mit offenen Augen nach Trends und Veränderungen im Markt geschaut“, sagt er.
Seit neun Jahren gehört er zur Apothekenkooperation Elac Elysée (Guten-Tag-Apotheken), die nur Mitglieder mit einem Umsatz über 2,5 Millionen Euro aufnimmt. So viel wie jetzt hat er aber nie investiert. Die Kosten lagen bei knapp einer Million Euro. Das Geld hat er sich geliehen. „Da muss man schon einen guten Kontakt zur Bank haben“, sagt Wehrenpfennig. Die Zinsen seien momentan günstig.
Investiert hat er beispielsweise in einen neuen Rowa-Automaten. Die digitale Sichtwahl bestehend aus acht Monitoren, die Touchscreens am HV-Tisch und die Bildschirme in der Freiwahl stammen von der Firma Optimum-Media mit Sitz im niedersächsischen Ahausen. Außerdem spart er künftig bei der Preisauszeichnung: Elektronische Etiketten seien an das Warenwirtschaftssystem geknüpft. Jede Änderung werde automatisch übernommen. Die Technik stammt von der Firma Delfi in Kooperation mit Awinta.
An den neuen HV-Tischen wurden außerdem Zwischenwände für mehr Diskretion eingebaut. Mit dem digitalen Angebot solle „die Online-Welt in die Offline-Welt geholt werden“, sagt er. Auch das Schaufenster wird per Bildschirm gefüllt. Auf mobilen Tischen könnten zudem Produkte ausgestellt werden. „Wir müssen noch ausprobieren, wo diese platziert werden“, sagt er. Denn die Kunden wollten seiner Erfahrung nach die Mitarbeiter gerne direkt ansteuern und keine Hürde im Weg haben.
Im Vergleich zu vorher wurde das Freiwahl-Sortiment um etwa ein Drittel reduziert. Gekürzt wurde beispielsweise bei Diätprodukten. Auf Packungen verzichtet er aber nicht komplett. Die Regale sind hauptsächlich mit Kosmetikprodukten bestückt. Diese Artikel müssten ausprobiert und angefasst werden können, so der Apotheker.
Außerdem will er mit einer Liefergarantie punkten: „Im Rahmen der Verweildauer der Kunden im Zentrum, die bei einer Stunde liegt, können wir alles liefern“, sagt er. Mit dem Service werde explizit geworben. Über die Bildschirme in der Freiwahl könnten beispielsweise auch Produkte gezeigt werden, die gar nicht vorrätig seien.
Die rund 20 Mitarbeiter sollen künftig die digitalen Angebote auf Wunsch des Kunden einbeziehen. „Wir haben visualisierte Therapiekonzepte entwickelt“, sagt Wehrenpfennig. Für die neuen rund 260 Quadratmeter großen Räume musste er eine neue Betriebserlaubnis beantragen, da er innerhalb des Zentrums an einen anderen Standort gezogen ist.
Die Apotheke wurde am Mittwoch abgenommen. Während des 15 Monate dauernden Umbaus des Centers hatte er nur für den Besuch des Amtsapothekers geschlossen. Der Mietvertrag über die neue Fläche hat Wehrenpfennig bereits vor zwei Jahren ausgehandelt. Dazu hat er sich Hilfe bei einem Berater geholt.
Der Apotheker macht sein Hauptgeschäft mit OTC-Präparaten: Von vier abgegebenen Arzneimitteln seien drei nicht verschreibungspflichtig, sagt er. In den vergangenen zwei Jahren sei der Umsatz zurückgegangen, da sich der Parkplatz angesichts des Center-Ausbaus halbiert habe. „Wir sind tapfer mit dem gesamten Team durch diese Zeit gekommen", freut sich Wehrenpfennig.