Neuer Schwung für Apotheker-Prozesse Alexander Müller, 08.03.2012 09:19 Uhr
Die Apotheken bekommen den Kassenabschlag zurück, wenn die Krankenkasse ihre Rechnungen zu spät bezahlt hat. Mit dieser grundsätzlichen Entscheidung hat das Bundessozialgericht (BSG) auch die Debatte um den Kassenabschlag 2009 weiter angeheizt. Weil zahlreiche Kassen nach Inkrafttreten des Schiedsspruchs mit der Rückerstattung getrödelt hatten, klagen einige Apotheker die Kassenabschläge ein.
Rechtsanwalt Dr. Johannes Kevekordes führt in Kooperation mit der Treuhand Hannover bereits ein Verfahren gegen die AOK vor dem Berliner Sozialgericht. „Das Urteil des BSG festigt unsere Rechtsposition: Wenn ein Teil der Rechnung nicht korrekt bezahlt wurde, muss der gesamte Abschlag zurückgezahlt werden“, so der Steuerberater.
Auch die Steuerberatungsgesellschaft Apo-Audit will die Kassen zur Rückzahlung zwingen. Nachdem der GKV-Spitzenverband Gespräche abgelehnt hatte, sollen jetzt zwei Prozesse geführt werden. Wegen des BSG-Urteils will Apo-Audit die Forderungen erhöhen: Pro Arzneimittel verlangen die Steuerberater jetzt auch den vollen Kassenabschlag von 1,75 Euro zurück und nicht nur die Differenz von 55 Cent aus dem alten und neuen Abschlag.
Umstritten ist zwischen Kassen und Apothekern unter anderem, welcher Zeitpunkt für die Zahlungsfrist herangezogen wird. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hatte im Mai 2010 die sofortige Vollziehung des Schiedsspruchs angeordnet, die Kassen mussten also für jedes 2009 abgerechnete Arzneimittel 55 Cent zurück erstatten. Zur Abwicklung hatten die Kassen allerdings zweimal neue Zahlen von den Rechenzentren der Apotheken gefordert. Je nachdem, welche Datenlieferung man als Termin zugrunde legt, haben die Kassen ihre Zehn-Tages-Frist überschritten oder nicht.
Auch bleibt zu klären, inwieweit das BSG-Urteil auf die anderen Verfahren übertragen werden kann. Denn die Kasseler Richter hatten sich mit verspäteten Zahlungen wegen unberechtigter Retaxationen befasst, nicht mit der Umsetzung des Schiedsspruchs. Selbst der Deutsche Apothekerverband (DAV) hatte sich ob der Erfolgsaussichten etwas mutlos gezeigt.
Bei der AOK war man zumindest im Vorfeld nervös: Kevekordes zufolge hatte die Kasse im anstehenden Prozess vor dem Sozialgericht Berlin darum gebeten, die Sache bis zu einer Entscheidung des BSG auszusetzen. Dies hatte der Steuerberater aber schon angesichts der drohenden Verjährung abgelehnt. Einen Termin zur Verhandlung gibt es noch nicht.