Neuer Rezepturzuschlag: Teufel im Detail Eva Bahn, 13.12.2017 10:37 Uhr
Auch wenn es noch nicht offiziell veröffentlicht wurde: Das Honorargutachten des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) beschäftigt die Branche seit Wochen. In den Apotheken fängt man schon an nachzurechnen, was Rezepturen zukünftig einbringen werden, falls die Gebührenordnung wie von den Gutachtern vorgeschlagen umgestellt wird.
Angedacht ist nach der vorläufigen Fasung, den Stoffzuschlag für Rezepturen von 90 auf 4,8 Prozent zu senken und dafür den Arbeitspreis auf mindestens 27 und maximal 80 Euro festzusetzen. Ab welchen Ober- beziehungsweise Untergrenzen welcher Wert jeweils gelten soll, ist allerdings noch unklar.
Je nach Rezeptur kommt der neue Fixzuschlag dem Aufwand näher, als es bislang der Fall war. Dies gilt allerdings nur für die Herstellung einfacher Rezepturen. Bislang ist auch nicht bekannt, welcher Fixzuschlag für welche galenische Zubereitung berechnet werden kann. Sind Rücksprachen nötig oder sind die Plausibilitätsprüfung beziehungsweise Herstellung komplexer und komplizierter, kann der Zeitaufwand den Kostenrahmen schnell sprengen und die Rezeptur bleibt ein Zuschussgeschäft.
Lohnt sich die Herstellung einer Rezeptur künftig mehr als bisher? Die häufigsten Rezepturen in einer Durchschnittsapotheke dürften Cremes mit 50 bis 100 Gramm sein, die mit ein oder zwei Wirkstoffen gemischt sind.
Für die folgenden Rechenbeispiele wurden typische Zusammensetzungen gewählt:
- AEK Substanzen: 4,50 Euro
- AEK Gefäß: 1,00 Euro
- Festzuschlag 90 Prozent auf AEK: 4,95 Euro
- Fixum: 8,35 Euro
- Rezepturzuschlag: 6,00 Euro
- Mehrwertsteuer: 4,71 Euro
Das entspricht einem Apothekenverkaufspreis von 29,51 Euro.
Nach der von 2hm vorgeschlagenen Rechnung sieht es folgendermaßen aus:
- AEK Substanzen: 4,50 Euro
- AEK Gefäß: 1,00 Euro
- Festzuschlag 4,8 Prozent auf AEK: 0,26 Euro
- Fixum: 5,80 Euro
- Rezepturzuschlag: 27,00 Euro
- Mehrwertsteuer: 7,33 Euro
Das entspricht einem Apothekenverkaufspreis von 45,89 Euro.
Eine typische Rezeptur aus diesem Bereich, die in der Apotheke häufig vorkommt, wäre folgende: Dexamethason 0,02 g, Clotrimazol 0,5 g, Basiscreme 49,48 g. Zuzüglich Drehdosierkruke und Mischscheibe käme man auf einen AEK von 2,59 Euro. Bei 90 Prozent Aufschlag wären das 2,33 Euro mehr, also 4,92 Euro. Dazu kommen 6 Euro Arbeitspreis plus 8,35 Euro Fixum plus 3,66 Euro MwSt, entspricht einem AVP von 22,93 Euro.
Nach der Neuerung würde auf den AEK von 2,59 Euro nur noch der Aufschlag von 4,8 Prozent kommen, also 0,12 Euro. Der Arbeitspreis von 6 Euro erhöht sich auf 27 Euro, das Fixum soll laut Vorschlag auf 5,80 Euro gesenkt werden. Auf 38,06 Euro gibt es nun 6,75 Euro MwSt, so dass sich ein Gesamtbetrag von 42,26 Euro ergibt.
Ähnlich verhält es sich mit einer weiteren häufig vorkommenden Rezeptur, dem Salicylspiritus: Salicylsäure 2 g gelöst in Isopropanol 70 Prozent ad 100 g. Bisher werden 0,91 Euro Substanzwert und 0,48 Euro für die Kunststoffflasche sowie 0,77 Euro Aufschlag für das verwendete Wasser berechnet. Das sind 2,16 Euro plus 90 Prozent Aufschlag, also insgesamt 4,10 Euro. Dazu kommen 3,50 Euro Arbeitspreis plus 8,35 Euro Fixum, ergibt in der Summe 15,95 Euro plus 3,03 Euro MwSt, insgesamt 18,98 Euro.
Nach dem Vorschlag von 2hm würde die Rechnung folgendermaßen aussehen: 2,16 Euro AEK plus 4,8 Prozent Aufschlag, das sind 2,26 Euro. Dazu kommen 27 Euro Arbeitspreis plus 5,80 Euro Fixum, also 35,06 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer von 6,66 Euro. Das ergibt einen Gesamtbetrag von 41,73 Euro.
Kommt man allerdings zu Rezepturen, die zum Großteil aus Fertigarzneimitteln bestehen, sieht es plötzlich anders aus. Die „Diehl'sche Lösung“ – eine Mischung aus Maaloxan, Xylocain und Ampho Moronal – wurde bisher mit 86,95 Euro vergütet (31,30 Euro Substanzwert inklusive Medizinflasche plus 90 Prozent, ergibt 59,47 Euro plus 5,25 Euro Arbeitspreis plus 8,35 Euro Fixum plus 13,88 Euro MwSt). Die neue Preisberechnung ergibt 78,07 Euro (31,30 Euro plus 1,50 Euro Aufschlag plus 27 Euro Arbeitspreis plus 5,80 Euro Fixum plus 12,46 Euro MwSt).
Das Fazit lautet also: Arbeitet die Apotheke vorwiegend mit Inhaltsstoffen im unteren Preissegment, so verdient sie an Rezepturen mehr als bisher. Hat man eher mit Hochpreisern oder Fertigarzneimitteln zu tun, so rechnet sich eine Rezeptur noch weniger als bisher. Zusätzlich muss man davon ausgehen, dass viele privat verordnete Rezepturen künftig wegen des hohen Arbeitspreises vom Arzt oder Kunden abgelehnt werden. Das wurde bereits im vergangenen halben Jahr deutlich, als die Arbeitspreise für die Cremes zwischen 50 und 100g von 5 auf 6 Euro plus 8,35 Euro Fixum anstiegen.