In Berlin wollen drei Geschäftsmänner den lokalen Handel stärken. Die Kiez-Engel haben dabei auch die Apotheken im Blick. Die Firma kooperiert mit den Inhabern und kauft auf Kundenwunsch Produkte ein oder liefert Ware aus. Der Service sei eine gute Ergänzung zum Botendienst und eine Alternative zum Onlinehandel, sagt Apotheker Dr. Michael Eder. Dabei gehe es nicht um Rabatte, sondern um Nachbarschaftshilfe.
Die Kiez-Engel liefern seit zwei Monaten Produkte der Koala-Apotheke aus. „Das Konzept ist sehr gut“, ist Eder überzeugt. Es setze die wohnortnahe Versorgung in den Vordergrund. „Wir erleben seit Jahren eine kontinuierliche Steigerung des Botendienstes.“ Apotheken, die nicht auf den niedrigsten Preis setzten, müssten andere gute Dienstleistungen für Kunden anbieten. Dazu gehörten Lieferoptionen.
Kunden können bei den Kiez-Engeln eine Bestellung für mehrere Läden abgeben oder ein bestimmtes Produkt reservieren und abholen lassen. Dies funktioniert per Telefon oder E-Mail. Eine Bestellplattform im engeren Sinn ist das Angebot der Firma Webkiez nicht. Der reine „Bring-Service“ kostet den Kunden 5 Euro. Für den „Einkaufs-Service“ werden zwischen 8 und 15 Euro verlangt, je nachdem was der Verbraucher für angemessen hält. Gezahlt wird bar bei Lieferung. „Zwischen 10 und 12 Euro zahlt jeder“, sagt Mitgründer und Geschäftsführer Rainer Frohloff.
Geliefert wird mit einem E-Lastenfahrrad. Einkaufslisten, die vor 10 Uhr eingehen, werden zwischen 17 und 19 Uhr abgearbeitet. Das Servicegebiet erstreckt sich zunächst auf verschiedene Postleitzahlen-Gebiete in Berlin und neuerdings auch in Stuttgart. „Wir wollen mit unserem Konzept dagegen wirken, dass das lokale Gewerbe Anteile an den Online-Handel verliert“, sagt Frohloff.
In den nächsten zwei Jahren sollen in Berlin bis zu 30 Kieze beliefert werden können. Die Zielgruppe seien nicht nur Senioren oder andere Menschen, die nicht mobil seien. „Wir sprechen beispielsweise auch Selbstständige an, die tagsüber keine Zeit finden, ihre Einkäufe zu erledigen“, so Frohloff. Die Firma beschäftigt derzeit zwei Fahrradfahrer. In Berlin helfen die beiden Geschäftsführer mit und treten ebenfalls in die Pedale.
Insgesamt 90 Händler und Dienstleistungen sind derzeit im Boot. Die Gebühr für Geschäfte richtet sich zwischen 19 und 99 Euro pro Monate, je nach Service und Sichtbarkeit auf der Internetseite der Kiez-Engel. Bei einzelnen Apotheken habe zunächst Unsicherheit wegen der rechtlichen Lage geherrscht, sagt Frohloff. „Das ist eine Grauzone.“ Die Daten der Apothekenkunden müssten rechtlich sauber erfasst sein. Bei Arzneimitteln müsse die Erstberatung durch pharmazeutisches Personal gewährleistet sein. Für die Lieferung von Folgebestellungen könnten Dienstleister einspringen. Das Konzept ist den Gründern zufolge juristisch sauber.
Für die Koala-Apotheke haben die Kiez-Engel knapp 50 Aufträge erledigt. Eder wirbt in der Apotheke für den Service und hat Flyer verteilt. Der Pharmazeut will mit dem Zusatzangebot bei Kunden punkten, die in den Versandhandel abwandern könnten. „Im Onlinebereich ist die Gefahr durch große Mitbewerber groß.“ Der Apotheker ist seit 20 Jahren an dem Standort im Eingangsbereich eines Einkaufszentrums. Er bietet selbst einen telefonischen Bestellservice an, der sehr gut nachgefragt werde. „Wir müssen Antworten finden auf neue Strukturen. Allein die Preise um 20 bis 40 Prozent zu reduzieren macht keinen Sinn.“
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