„Kann das meinen Mitarbeitern nicht mehr antun“

Nervliche Belastung: Inhaber stoppt Bürgertests

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Berlin -

Die Severinus-Apotheke streicht ihr Angebot an Testzeiten zusammen. Inhaber Dr. Andre Vicariesmann hat genug von der Mehrbelastung. „Ich kann das meinen Mitarbeitern nicht mehr antun“, sagt er. Ab Februar testen seine Apothekenangestellten keine Bürger:innen mehr. Die nervliche Belastung sei zu groß geworden.

Als vor knapp einem Jahr die kostenlosen Bürgertests angeboten wurden, bot die Severinus-Apotheke in Lindar in Nordrhein-Westfalen bereits Antigen-Schnelltests an. Durchgeführt wurden die Kontrollen durch Apothekenpersonal. Später kamen externe Angestellte – vor allem Schüler:innen hinzu. Nachdem die Nachfrage im vergangenen Sommer sank, wurde das Angebot zwischenzeitlich eingestellt. „Ich habe damals schon gesagt, dass ich das nie wieder mache.“

Die Lust ist weg

Angesichts des niedrigen Testsangebot in seiner Region, entschied er sich anders. In den vergangenen drei Monaten teilte er die Testenden in zwei Teams auf. Vormittags waren fünf Apothekenangestellte eingespannt. Danach setzte er Schüler:innen ein. Künftig will er nur noch nachmittags und abends Bürgertests hinter der Apotheke anbieten, obwohl die Nachfrage groß sei. Der wichtigste Punkt für die Kürzung der Öffnungszeiten sei das Apothekenpersonal. „Meine Kolleg:innen haben keine Lust mehr, den Leuten ein Stäbchen in die Nase zu stecken und die vielen Anfragen per Telefon zu beantworten.“

Besonders stressig seien die Testungen vor Weihnachten gewesen. Denn in dieser Zeit sei in der Apotheke ohnehin mehr los. Vicariesmann nimmt nur Laufkundschaft an. In Stoßzeiten wie vor den Feiertagen oder Silvester öffnete er deshalb auch länger. Im Schnitt seien zwei bis drei Mitarbeiter nötig, um den Ansturm abzuwickeln.

Für das Team sei das Testen störend. „Es kostet Nerven und Motivation und wir kommen unserer eigentlichen Arbeit schwerer nach“, erklärt er. Ein Grund seien auch die Reaktionen mancher Bürger:innen, die sich beschwerten etwa weil die Öffnungszeiten nicht länger seien. „Da reicht einer, um einem die Laune zu verderben.“ Vicariesmann hofft, dass die Nachfrage in einigen Wochen sinken werde. „Heute hatten wir in zwei Stunden 60 Tests.“

Kritik an Behörden

Der Apotheker ärgert sich auch über das Vorgehen der Bundesregierung und der Behörden vor Ort. „Apotheken und Praxen werden neue Aufgaben reingedrückt, nach dem Motto ‚wir machen das schon‘, ohne dass eine Infrastruktur aufgebaut wird. Das haben wir jetzt seit zwei Jahren.“ Von den Heilberuflern würden Dinge erwaret, die im normalen Arbeitsalltag nicht möglich seien. Die Behörden sollten sich seiner Meinung nach selbst um die Organisation von Testzentren analog zu Impfzentren kümmern.

Vicariesmann entschied sich schweren Herzens für die Kürzung der Öffnungszeiten seiner Teststelle. „Wir wollen niemanden im Stich lassen, aber ich kann das nicht auf Kosten meiner Mitarbeiter machen.“ Dazu komme, dass der Einkauf der Schnelltests schwer kalkulierbar sei. Einen guten Preis erhalte man erst bei einer Stückzahl von mehr als 1000. Aber einen großen Vorrat will er angesichts der sich ständig ändernden Vorgaben der Regierung nicht anhäufen, weil er sonst Gefahr laufe, auf den Tests sitzen zu bleiben.

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