Apotheker Jürgen Hoffmann hat Günther Jauch ebenfalls einen Brief geschrieben. Der Inhaber der Schwanen-Apotheke im sächsischen Burgstädt hält die TV-Reklame für die Shop Apotheke mit dem Gesicht des prominenten TV-Moderators für „problematisch“. Außerdem weist er ihn darauf hin, dass er die Umsatzentwicklung einer Durchschnittsapotheke nicht mit der Gewinnentwicklung vergleichen könne.
Hoffmann geht es wie vielen Apothekerinnen und Apothekern: Eigentlich mochte er Jauch. Doch seine Partnerschaft mit Redcare und die TV-Spots für Shop Apotheke oder die Werbung für das E-Rezept auf der Internetseite ärgern ihn. Diese Entwicklung könne man nicht unkommentiert lassen, betont der Apotheker, der neben dem Vor-Ort-Geschäft auch selbst einen Onlineshop betreibt. Es gehe nämlich um mehr als einen Werbedeal: „Als geschätzte Person des öffentlichen Lebens tragen Sie eine Verantwortung, die weit über Ihre persönlichen Interessen hinausgeht“, heißt es in dem Brief.
In dem Schreiben versucht Hoffmann aufzuklären. Zunächst beschreibt er die Situation der Vor-Ort-Apotheken und geht auf große Herausforderungen wie die Digitalisierung, die „unzureichende Finanzierung der Apotheken durch den Staat“ und die damit verbundene Existenzbedrohung sowie die vermehrten Schließungen ein. Außerdem erklärt er: „Die Preise für Medikamente und Gesundheitsprodukte steigen stetig an, während die Vergütung für Apotheken nicht im gleichen Maße angepasst wird. Dies führt zu einem Ungleichgewicht und erschwert den Apothekenbetrieb.“
Jauchs Antwortschreiben an Apothekerin Regine Hartung erwecke „den Eindruck, dass Sie in Bezug auf den steigenden Umsatz der Apotheken in der Vergangenheit die Relation zum Gewinn verkennen“.
Die Stellungnahme von Hartung sei „mutig“ gewesen, so Hoffmann. „Regine Hartung setzt sich aktiv für die Interessen unserer Branche ein. Ihr Vorgehen, Günther Jauch direkt anzuschreiben, verdient Anerkennung.“ Es sei wichtig, dass Apothekerinnen und Apotheker gemeinsam für die eigenen Werte und die Gesundheitsversorgung einträten. Tatsächlich sind die Schreiben nicht die ersten Briefe, die Jauch von Apothekerinnen und Apothekern erhält. Auch aus der Einhorn Apotheke in Mühlheim ging bei ihm eine Reaktion ein. Seine Antwort war das selbe Antwortschreiben, das auch Hartung erholt. Kurz nach dem Start der Kampagne vor zwei Jahren meldete sich Apothekerin Christiane Patzelt aus dem Notdienst mit einem Video-Appell bei Jauch. Hoffmann wünscht sich, dass diese klare Positionierung zu einer offenen Diskussion über die Rolle von Prominenten in der Apothekenwerbung führe.
Denn Menschen wie Jauch hätten eine „enorme Reichweite und eine Vorbildfunktion“. „Ihre Entscheidung, für die Shop Apotheke zu werben, sendet ein Signal an die Öffentlichkeit. Leider wird dieses Signal von vielen Menschen als Empfehlung verstanden“, schreibt Hoffmann. „Dabei geht es nicht nur um den Kauf von Medikamenten, sondern auch um die grundsätzliche Einstellung zur Gesundheitsversorgung. Indem Sie für eine Online-Apotheke werben, unterstützen Sie indirekt die Abwanderung von Kunden aus den Vor-Ort-Apotheken.“
Hoffmann appelliert an Jauch und seine Verantwortung als öffentliche Person: „Bitte überdenken Sie Ihre Werbeaktivitäten und setzen Sie sich für eine ausgewogene Darstellung der verschiedenen Apothekenmodelle ein. Es ist wichtig, dass die Menschen die Wahl haben und sich bewusst für die Vor-Ort-Apotheken entscheiden können. Denn nur so können wir eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Versorgung sicherstellen.“ Denn auch mit der nötigen Einführung des E-Rezepts, dürfe die persönliche Beratung vor Ort nicht verloren gehen.
APOTHEKE ADHOC Debatte