Apotheke verzichtet auf Notdienstpauschale Alexander Müller, 21.09.2015 11:13 Uhr
Mit ihren Honorarforderungen waren die Apotheker zuletzt nicht sonderlich erfolgreich – mehr als leere Versprechungen gibt es von der Politik derzeit nicht. Der bislang letzte Erfolg liegt schon mehr als zwei Jahre zurück: die Einführung der Nacht- und Notdienstpauschale. Seitdem erhalten die Apotheker für jeden geleisteten Notdienst ein Honorar. Doch wenigstens eine Apotheke verzichtet freiwillig auf das Geld.
Mit dem Apothekennotdienst-Sicherstellungsgesetz (ANSG) wurde im August 2013 eine zusätzliche Vergütung eingeführt. 16 Cent pro abgegebenem Rx-Arzneimittel fließen seitdem in den Nacht- und Notdienstfonds (NNF), der beim Deutschen Apothekerverband (DAV) angesiedelt ist. Die Summe wird quartalsweise durch alle geleisteten Notdienste geteilt und an die Apotheken ausgeschüttet. Dieser Pauschalbetrag schwankt zwischen 250 und 280 Euro pro Dienst.
Im zweiten Quartal des laufenden Jahres hat der NNF knapp 27,7 Millionen Euro eingenommen. Bei 104.043 geleisteten Diensten resultiert daraus eine Pauschale von 266,12 Euro Honorar. Als Entschädigung für eine komplette Nachtschicht mag das immer noch wenig sein, trotzdem profitieren vor allem Landapotheken mit vielen Diensten von dem Zubrot. Wenn sie es denn wollen.
Mindestens eine Apotheke verzichtet auf das Geld. Im vergangenen Quartal hat die Apotheke fünf Notdienste geleistet, hätte also Anspruch auf rund 1330 Euro aus dem NNF. Das Geld ist als sogenannter echter Zuschuss sogar steuerfrei. Warum die Apotheke die Auszahlung ablehnt, ist nicht bekannt.
Vorteile ergeben sich daraus nicht: Die Apotheke muss ihre Daten dennoch an den NNF melden. Bei den GKV-Rezepten geschieht dies über die Rechenzentren, sofern die Apotheke eine Vollmacht erteilt hat. Alternativ kann die Apotheke den NNF auch selbst über die Anzahl der abgegebenen Rx-Packungen informieren.
Für Privatrezepte und Selbstzahler sind die Apotheker immer selbst verantwortlich, erhalten aber technischen Unterstützung. Der DAV hat ein eigenes Notdienstrezept entwickelt: Die Apotheke bedrucken am Monatsende einen Sonderbeleg nach dem Vorbild des Muster16-Rezepts und geben diesen mit in die normale Abrechnung. Die Rechenzentren leiten die Information dann wiederum an den NNF weiter.
Egal wie, zur Lieferung der Daten sind die Apotheken verpflichtet. Wer keine Zahl nennt, wird geschätzt. Im vergangen Jahr wurde in 3934 Fällen kostenpflichtig geschätzt, weil die Apotheke nicht oder nicht fristgerecht gemeldet hatten. Bei einer Gebühr von 46 Euro erzielte der Fonds damit Mehreinnahmen von rund 180.000 Euro. Aus dem Geschäftsbericht des NNF geht nicht hervor, wie viele Apotheken insgesamt betroffen waren, da manche Apotheken gleich mehrmals geschätzt wurden. Auch ein Verzicht muss übrigens schriftlich beim Fonds angezeigt werden.
Der freiwillige Verzicht war zum Start des Fonds ein Thema. Einige Apotheken wollten den Bonus ausschlagen und dafür Herr ihrer Daten bleiben. Doch wegen der Meldepflicht entschieden sich die Apotheken doch anders. Die anfängliche Aufregung auch um den bürokratischen Aufwand der Abrechnung hat sich ohnehin gelegt. Das System ist eingespielt und da der NNF seine Einnahmen und Ausgaben ohne Zugriff des DAV verwaltet, gibt es auch wegen der Daten keine lauten Bedenken mehr.
Die Politik hat den Apothekern 120 Millionen Euro zusätzlich für die Notdienste versprochen. Im vergangenen Jahr wurde dieser Betrag nicht erreicht: 112 Millionen wurden im ersten vollen NNF-Jahr ausgeschüttet. Da der Zuschuss im Startjahr 2013 wegen der Vorbereitung zudem erst ab August ausgezahlt wurde, fordert der DAV einen Nachschlag. 20 statt 16 Cent pro Rx-Arzneimittel sollen in den Fonds fließen.
Auch im laufenden Jahr liegt der Fonds noch unter Soll: Im ersten Quartal hatte der Fonds 28,7 Millionen eingenommen, im ersten Halbjahr also insgesamt 56,4 Millionen Euro. Die Verwaltungskosten von knapp 2 Prozent werden vor Ausschüttung noch abgezogen. Verläuft die zweite Jahreshälfte auf Vorjahresniveau, landen die Apotheker bei knapp 113 Millionen Euro – und damit wiederum unter dem zugesagten Betrag.