Apothekenschließung: Das Leben danach APOTHEKE ADHOC, 22.04.2017 14:51 Uhr
Wenn eine Apotheke zumacht, bleibt häufig eine gähnende Leere zurück. Doch sie währt in der Regel nicht lange. Früher oder später ziehen in die Räume der ehemaligen Apotheken Nachmieter ein. Nicht immer dürften sich Apotheker über ihre Nachfolger in den altehrwürdigen Apothekenräumen freuen. Doch manchmal entstehen auch sehr spannende Projekte.
Der mit Fantasieblasen bemalte Jaguar E ist ein Eyecatcher. Er steht gegenüber von Karstadt vor der ehemaligen Louisen-Apotheke, die allerdings nicht mehr wiederzuerkennen ist. Kunst und Kaffee statt Medizin heißt es nun in der besten Innenstadt-Lage von Bad Homburg. Anstelle des Namens der Apotheke, der seit rund siebzig Jahren dort zu lesen war, ist ein Schild mit dem Dostojewski-Zitat „Die Schönheit rettet die Welt“ angebracht.
Tanja Bergman, Malerin und künstlerische Leiterin, hat in den Räumen der Apotheke ein ganz besonderes Konzept umgesetzt. Bei einer Tasse Cappuccino und einem Stück Kuchen können die Besucher Kunstwerke, die an den Wänden des Cafés hängen, bestaunen, sich über die Kunst unterhalten und ihr Lieblingsstück auch erwerben. Kunst-Galerie einmal ganz entspannt und ohne elitären Druck. Es gibt laut Bergmann in regelmäßigen Abständen wechselnde Ausstellungen.
Dass das Café in die Räume der ehemaligen Louisen-Apotheke einzog, verdankt sich einem Zufall. Denn eigentlich wohnt die Künstlerin in Wiesbaden, kennt aber den Hausbesitzer, der das Experiment „Kunst-Café“ wagen wollte. Ein ehemaliger Inhaber der Louisen-Apotheke, der sie in den 90er-Jahren leitete, sei vorbeigekommen und ganz begeistert gewesen, als er sah, was aus seiner Apotheke geworden ist.
Weit prosaischer ist der Nachmieter der Nordmarkt-Apotheke in der Dortmunder Nordstadt. Nach einer längere Planungs- und Umbauzeit zog dort das neue Nordmarktbüro des Ordnungsamtes ein. Die insgesamt 170 Quadratmeter großen Räume der ehemaligen Apotheke wurden für rund 100.000 Euro umgebaut und renoviert.
Mittlerweile gehen die Mitarbeiter des Ordnungsamtes gemeinsam mit der Polizei täglich auf Streife im Dortmunder Problembezirk. Die Schaufenster der Apotheke sind allerdings mit Spiegelfolie versehen worden: Man kann zwar hinausschauen, aber nicht hineinblicken. Es soll nämlich keiner sehen, ob die Beamten vor Ort sind oder nicht.
Am Gebäude in Wardenburg, in dem seit Ende der 40er-Jahre die Tilly-Apotheke untergebracht war, wird dagegen noch gearbeitet. Das Haus soll ein neues Gesicht bekommt. Künftig werden die Apothekenräume ein Steuerbüro beherbergen. „Der Vorbau am Eingang wird noch zurückgebaut, die bodentiefen Fenster rechts und links von der Haustür bleiben“, erklärte Bauherrin und Steuerberaterin Christa Hellmann der Nordwest-Zeitung. Die Kanzlei soll durch den Umzug vergrößert werden. Im Erdgeschoss und im ersten Stock entstehen jetzt Büroräume, dafür müssen Wände versetzt werden. Im Dachgeschoss ist eine Mietwohnung mit gut 70 Quadratmetern geplant.
In Amberg an der Oberpfalz ist vor wenigen Tagen ein Modegeschäft in die Räume der ehemaligen Adler-Apotheke eingezogen. Die Geschäftsführerin des Ladens hat die Lage überzeugt. Die Kundinnen erwarte im Erdgeschoss auf einer Fläche von rund 160 Quadratmetern eine teilweise neue Kollektion, sagte sie dem Portal Onetz.de.
Doch die Adler-Apotheke verschwindet nicht wie viele andere geschlossenen Apotheken in der Versenkung. Immerhin galt sie als eine der ältesten Stadtapotheken Bayerns und soll daher auch nach ihrer Schließung erhalten bleiben. Der letzte Besitzer, Dr. Karl Luschmann, hat laut Onetz.de die komplette Einrichtung dieser Apotheke dem Stadtmuseum geschenkt. Sie ist in der Abteilung „Aspekte des Gesundheitswesens“ genau so aufgestellt worden, wie sie den Kunden in Amberg vertraut war.
Im Spätsommer schloss die Stühlinger Apotheke der Familie Thewes in Freiburg. 116 Jahre lang versorgte die Apotheke die Einwohner mit Arzneimitteln. Seit Dezember steht nun in den alten Regalen Spirituosen statt Medizin. 80 Sorten Absinth, der auch „grüne Fee“ genannt wird, können in der „Alten Apotheke – Absinth und Spirituosen“ nach einem traditionellen Trinkritual verkostet werden.
Die alte Einrichtung aus den 1950er Jahren wurde weitestgehend übernommen. Nur die Regale seien etwas aufpoliert und die Lampen aus technischen Gründen ausgetauscht worden. „Wir wollten das Erbe der Apotheke ehren und das historische Flair erhalten“, sagte der Geschäftsführer Alfred Rabold. „Deshalb haben wir uns auch für den Namen 'Alte Apotheke' entschieden, denn es soll nie vergessen werden, was einmal vor uns war.“