Weil Verena Hohberger keinen Approbierten für ihre Schloss-Apotheke in Schauenstein gefunden hat, muss sie die Apotheke schließen. Um die Arzneimittelversorgung der Schauensteiner zu gewährleisten, hat ein Apotheker aus der Region einen Briefkasten für Medikamentenbestellungen eingerichtet. Doch die faktische Rezeptsammelstelle wurde nicht von der Apothekenkammer genehmigt.
Gegenüber von der Schauensteiner Arztpraxis befindet sich seit Tagen ein grünes Schild mit einem Briefkasten. Doch noch ist der Einwurf zugeklebt. „Ab 1. März 2017“ steht auf der Einwurfklappe. Ab morgen können also Schauensteiner dort ihre Rezepte und Arzneimittelbestellungen einwerfen. Denn heute Mittag stellte die einzige Apotheke im Ort den Betrieb ein.
Anderthalb Jahre lang war Hohberger, Inhaberin der Schloss-Apotheke, auf der Suche nach einem Apotheker für ihren Filialbetrieb in Schauenstein. Sie führt die Stadtapotheke als Hauptapotheke in Naila. Doch niemand zeigte sich bislang bereit, als angestellter Apotheker in dem rund 2000 Einwohner großen Dorf im Frankenwald zu arbeiten oder sich dort selbstständig zu machen. Jetzt hat Hohberger das Handtuch geworfen und die Apotheke zugesperrt.
Als endgültig feststand, dass die Schloss-Apotheke geschlossen wird, wurde die Ärztin aktiv. Bürgermeister Peter Geiser berichtet, dass die Allgemeinärztin Mirsada Pozder, die in Schauenstein ihre Praxis hat, an ihn mit der Idee herangetreten sei, einen Briefkasten für Arzneimittelbestellungen einzurichten. Das sei zwar keine optimale Lösung, aber eben alles, was momentan möglich sei. In einer nichtöffentlichen Sitzung habe der Stadtrat die Genehmigung erteilt, dass das Schild mit dem Einwurfkasten am Gebäude mit dem Standesamt und der Bücherei angebracht werden darf.
Apotheker Tim Pittroff von der gleichnamigen Helmbrechtser Apotheke wird ab März die eingeworfenen Rezepte und Bestellungen abholen und die Arzneimittel spätestens bis zum nächsten Tag, mit Ausnahme von Samstagen, Sonn- und Feiertagen, ausliefern. Der Apotheker betont, dass es sich bei dem Briefkasten um keine Rezeptsammelstelle handelt. Es gehe um Arzneimittelbestellungen allgemein. Wenn jedoch ein Rezept eingeworfen wird, sollen auch verschreibungspflichtige Medikamente geliefert werden, räumt er ein.
Weil der Briefkasten nicht offiziell als Rezeptsammelstelle bezeichnet wird, meint Pittroff, der Genehmigungspflicht durch die bayerische Apothekerkammer entgehen zu können, und hat kein Genehmigungsverfahren beantragt.
Grundsätzlich kann die Versorgung in abgelegenen Gebieten über Rezeptsammelstellen gewährleistet werden, sollte es dort keine Apotheke mehr geben. Die Auflagen für die Genehmigung sind allerdings streng. Laut Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) dürfen Rezeptsammelstellen von der Apothekerkammer nur genehmigt werden, wenn sie zur ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von abgelegenen Orten oder Ortsteilen ohne Apotheken erforderlich ist. Ein Kriterium ist, dass die nächste Apotheke mindestens sechs Kilometer entfernt ist oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht ohne Weiteres zu erreichen.
In diesem Fall befinden sich drei Apotheken im Umkreis von Schauenstein. Weder die Pittroff-Apotheke und Stadt-Apotheke aus Helmbrechts noch die Löwen-Apotheke Selbitz erfüllen aber diese Voraussetzung. Sie alle liegen nur etwas mehr als fünf Kilometer vom Schauensteiner Ortskern entfernt.
Pittroff verteidigt die Entscheidung, einen inoffiziellen Briefkasten für Medikamentenbestellungen errichtet zu haben. „Es geht mir keinesfalls um Profit oder Gewinn, sondern darum, vor allem älteren und nicht mobilen Menschen in Schauenstein zu helfen“, sagte er gegenüber APOTHEKE ADHOC. Für sie komme es einer Katastrophe gleich, dass die einzige Apotheke im Ort schließt. Vor allem für die Bürger, die kein Auto haben, sei die Schließung der Apotheke ein großes Problem.
Ein offizielles Genehmigungsverfahren durch die Kammer dürfe allerdings erst ab dem Schließungstag der Apotheke in Gang gesetzt werden und würde Wochen, wenn nicht Monate, dauern. In der Zeit würden die Menschen kaum an ihre Medikamente herankommen, gibt der Apotheker zu bedenken. Außerdem handele es sich lediglich um eine Übergangslösung, bis ein Apotheker für Schauenstein gefunden sei, beteuern sowohl der Pharmazeut als auch der Bürgermeister. „Wir suchen auf jeden Fall weiter“, versichert der Ortschef.
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