MyLife räumt mit „Apotheken-Legenden“ auf APOTHEKE ADHOC, 03.08.2020 15:07 Uhr
Apothekenpreise und Schubladenzieher: Das Apothekenmagazin MyLife räumt in der aktuellen Ausgabe mit sieben gängigen „Apotheken-Legenden“ auf. Die MyLife wird von Noweda und Burda produziert, erscheint zweimal im Monat und hat nach Angaben des Großhändlers eine Auflage von 2,3 Millionen Exemplaren.
Das erste Klischee ist besonders verbreitet und vermutlich einigen dicht besiedelten Innenstadtlagen geschuldet: „ Es gibt in Deutschland zu viele Apotheken“ Tatsächlich liege Deutschland innerhalb der EU deutlich unter der durchschnittlichen Apothekendichte: Während eine Apotheke EU-weit 3200 Einwohner versorge, seien es hierzulande 4230
Legende 2: Weil die Kunden meist nur sehen, wie Apotheker oder PTA die Arzneimittel aus langen Schubladen ziehen, setzen sie diese Tätigkeit oft mit der Hauptaufgabe einer Apotheke gleich – „Schubladenzieher“ eben. Tatsächlich bedürften Arzneimittel als Ware der besonderen Art eines „akademisch ausgebildeten Sachverwalters“, eines unabhängigen Apothekers. Bei der flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung rund um die Uhr sei die Informations- und Beratungspflicht zentral.
Entsprechend macht auch die Arzneimittelabgabe nicht – Klischee Nummer 3 – den größten Teil der Arbeit aus. „Die Fakten: Bürokratie ist ein echter Zeitfresser in den Vor-Ort-Apotheken“, heißt es in der MyLife. Das frustriere Apotheker und Mitarbeiter gleichermaßen. Ziel müsse der kontinuierliche Bürokratieabbau sein. „Dass im Apothekenalltag Bürokratie dem Patientenwohl nachgeordnet wird, ist also unzutreffend – leider.“ Ob diesen Faktencheck jeder Inhaber unterschreiben würde?
Sicher mit Verweis auf die Tatsache, dass Lieferengpässe zu den größten Belastungen einer Apotheke zählen. Die Hintergründe der Problematik sind den meisten Patienten und Kunden nicht bewusst. „Das bedeutet für die Apotheke maximalen Beratungs- und Informationsaufwand.“
Geradezu sprichwörtlich als Klischee sind die „Apothekenpreise“. Die MyLife will mit der Legende aufräumen, die Apotheken seien für hohe Arzneimittelpreise verantwortlich. In Wahrheit seien die Apotheken nicht die Kostentreiber bei den Arzneimittelausgaben. Diese resultierten zum größten Teil aus der ärztlichen Verordnung verschreibungspflichtiger Fertigarzneimittel, die in Deutschland der Arzneimittelpreisverordnung unterlägen. Zusammen mit Rezepturen, Impfstoffen und anderen preisgeregelten Produkten liege der Umsatzteil bei mehr als 95 Prozent. „Das heißt: Bei weniger als fünf Prozent der in der Apotheke erhältlichen Arzneimittel kann der Apotheker den Preis frei festlegen.“
Arzneimittel seien auch nicht deshalb so teuer, „weil die Apotheker auch noch an der Rezeptgebühr verdienen“, räumt MyLife mit Legende Nummer 5 auf. Tatsächlich fungiere die Apotheke als „Inkassounternehmen“ für die Krankenkassen und ziehe die Rezeptgebühr in deren Auftrag vom Patienten ein – und gebe sie vollständig an die jeweilige Kasse weiter.
Viele Reisende schwärmten nach der Rückkehr aus dem Urlaub von den günstigen Arzneimittelpreisen im Ausland und beklagen sich über die hiesigen „Apothekerpreise“ (Legende 6). Oftmals sind dort erworbene, namensgleiche beziehungsweise gleich aussehende Medikamente aber nicht mit den heimischen Arzneimitteln identisch, warnt die MyLife. Hinzu kämen unterschiedlich hohe Mehrwertsteuersätze: Deutschland zählt zu den wenigen EU-Ländern, in denen Arzneimittel mit dem vollen Mehrwertsteuersatz belegt werden.
Die Apotheker-Margen für verschreibungspflichtige Arzneimittel seien dagegen gesetzlich festgelegt. Bei einem Arzneimittel von 4000 Euro entfielen beispielsweise 3219 Euro auf den Hersteller und exakt 38,50 Euro auf den Großhandel. Auf die Apotheke entfallen 104 Euro und auf die Mehrwertsteuer rund 639 Euro. Gerade bei Hochpreisern sei die Handelsspanne der Apotheken eher gering. „Übrigens: Der Begriff „Apothekerpreis“ stammt aus dem Mittelalter. Er bezeichnete nicht etwa überteuerte, sondern gerade besonders exakt berechnete Preise“, liefert MyLife den Lesern noch einen Funfact.
Nicht fehlen darf in der Auflistung die Auseinandersetzung mit dem Versandhandel: Dieser sei „billig und sicher“, so Legende 7. Schätzungen der WHO zufolge sei jedoch jedes zweite Präparat, das online über illegale Versender gekauft wird, gefälscht. Das Problem: Nicht immer ließen sich seriöse von unseriösen Online-Anbietern unterscheiden. Die Wahrscheinlichkeit, in einer Vor-Ort-Apotheke ein gefälschtes Präparat zu beziehen, gehe erst recht seit der Einführung von Securpharm gegen null. In der Akutversorgung seien Apotheken vor Ort zudem unschlagbar, müssten wegen des Kontrahierungszwangs jedes verschriebene Mittel – sofern auf dem Markt verfügbar – für ihre Kunden beschaffen.
„Der Faktencheck zeigt eindrucksvoll, dass die Vorurteile nicht stimmen. Jede Legende kann mit stichhaltigen und vor allem nachvollziehbaren Argumenten widerlegt werden“, resümiert Noweda-Chef Dr. Michael Kuck.