„Über kurz oder lang wären wir pleite gewesen“

Mutter und Tochter geben Apotheke auf

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Berlin -

Die Markt-Apotheke in Isselburg-Anholt ist ab sofort geschlossen. Die beiden Apothekerinnen Erika und Kathrin, Mutter und Tochter, geben angesichts der drohenden Konkurrenz eines Ärztehauses auf.

Derzeit wird die Apotheke geräumt. „Der Mietvertrag läuft noch bis Ende März“, sagt Erika Sluyter. Nach 32 Jahren hat sie ihre Apotheke gerade geschlossen. „Wir hatten keine Chance“, sagt sie, „über kurz oder lang wären wir pleite gewesen. Wir haben deshalb die Konsequenzen gezogen.“ Denn auch die benachbarte Arztpraxis geht ins geplante Ärztehaus. Die Bauarbeiten sollen in diesem Jahr beginnen, die Fertigstellung ist für 2020 geplant.

Im vergangenen Sommer entbrannte im Münsterland ein Streit um das geplante Ärztehaus. Die Krankenhausträgergesellschaft Alexianer Misericordia vergab damals die Apotheke an die Isselburger Glocken-Apotheke. Drei Apotheken sind für den 11.000 Einwohner-Ort jedoch eine zu viel. Apothekerin Kathrin Sluyter sagte damals: „Ich habe davon erfahren, als es schon beschlossen war. Man hat mit uns nicht gesprochen. Ich fühle mich in meiner Existenz bedroht.“

Ihre schlimmsten Erwartungen sind nun eingetroffen, die Betreiberinnen beschlossen deshalb, die Markt-Apotheke zu schließen. In den vergangenen Wochen wurden die Kunden über die bevorstehende Schließung informiert. „Wir haben unsere Pläne langfristig bekannt gemacht, alle Kunden wussten rechtzeitig Bescheid. Sie waren nicht sehr begeistert, denn viele waren langjährige Kunden, die gern zu uns gekommen sind.“

Erika Sluyter versucht, ihren Optimismus zu bewahren: „Ich bin 67 Jahre alt und werde in Ruhestand gehen. Meine Tochter sucht sich eine neue Arbeit, aber wahrscheinlich nicht mehr in der öffentlichen Apotheke.“ Mittlerweile haben sich beide mit der Entscheidung angefreundet und versuchen, die Querelen der Vergangenheit ad acta zu legen: „Jetzt fällt es uns nicht mehr schwer.“ Anfangs war die Entscheidung der Krankenhausträgergesellschaft, die die neue Apotheke ohne öffentliche Ausschreibung an die Glocken-Apotheke vergab, für sie allerdings „wie ein Tritt vors Schienbein. Das tut schon weh nach 32 Jahren“.

„Wir sind ein normal zugelassenes Krankenhaus, müssen die Apotheke nicht ausschreiben“, hatte Verwaltungsdirektor Sebastian Lasczok damals gegenüber APOTHEKE ADHOC gesagt. Rechtlich betrachtet ist das korrekt, für Mutter und Erika Sluyter stand ihr Lebenswerk auf dem Spiel, das sie nun schlussendlich verloren haben. Mit Eröffnung des Ärztehauses wird Daniel Schmidt, Inhaber der Glocken-Apotheke, den neuen Standort als Filiale eröffnen. Angesichts des herrschenden Fachärztemangels im Münsterland ist geplant, dass es neben festen Praxen auch Fachärzte geben wird, die tageweise in Isselburg arbeiten werden.

Die Räume der Markt-Apotheke werden derzeit geräumt, die Einrichtung wird Stück für Stück entsorgt. Danach wollen die beiden Apothekerinnen auch wieder ein wenig an die schönen Seiten des Lebens denken: „Wir haben seit zehn Jahren keinen Urlaub gemacht“, sagt Sluyter. „Wir wollen mit der Abwicklung so schnell wie möglich fertig werden.“

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