Nullretaxierungen sind der Albtraum der Apotheker. Wenn ohne triftigen Grund Rabattverträge nicht bedient werden, streichen einige Krankenkassen die Erstattung komplett. Die Apotheker bleiben auf den Kosten sitzen. Jetzt wollen der Deutsche Apothekerverband (DAV) und die Techniker Krankenkasse (TK) in einem Musterprozess klären lassen, ob diese Vollabsetzungen überhaupt rechtens sind. Dazu werden zwei – in der Sache unstreitige – Retaxationen in Sachen Rabattverträge zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Einzelne Apotheker und die Kassen des Verbands der Ersatzkassen (VDEK) können dem Musterprozess beitreten.
Die Frage soll bis vor das Bundessozialgericht (BSG) gebracht werden. Beide Parteien binden sich an die angestrebte höchstrichterliche Entscheidung. Es geht um viel Geld – schließlich werden alle Fälle seit Ende der Friedenspflicht im Juli 2007 einbezogen. Während des Verfahrens erstattet die Kasse rückwirkend zum 1. Januar 2009 für falsch belieferte Rezepte die Hälfte des Taxbetrages, maximal jedoch 25 Euro. Nullretaxierungen, die vor dem Jahreswechsel versandt wurden, bleiben bis zur Entscheidung des BSG unangetastet, verjähren aber nicht.
Bekommen die Apotheker vor dem BSG Recht, erhalten sie die volle Taxe zurück. Befinden die obersten Sozialrichter die Vollabsetzungen für rechtens, dürfen die Kassen die fehlenden Beträge einziehen. Die Apothekerverbände raten daher den teilnehmenden Apothekern, für diesen Fall schon einmal Geld zurückzulegen.
Vom Musterprozess betroffen sind nur unstreitige Fälle: War das Rabattarzneimittel nicht lieferbar oder benötigte der Patient sein Medikament sofort, können Apotheker gegen die Retaxation wie gewohnt Einspruch einlegen.
Die Teilnahme am Musterprozess ist freiwillig, ein Rücktritt allerdings nicht möglich. Bei Apotheken, die sich bis zum 15. Februar anmelden, werden alle Nullretaxationen seit Jahresbeginn vorübergehend halbiert. Für später beitretende Apotheken werden je nach Meldetermin ein oder zwei Monate rückwirkend berücksichtigt. Auch Apotheker, die nicht Mitglied eines Landesapothekerverbandes sind, können mit vor Gericht ziehen. Ein höchstrichterliches Urteil wird allerdings erst in einigen Jahren erwartet. Ob das Urteil dann Wirkung auf andere Kassen zeigt, wird sich zeigen.
Die TK führt das Verfahren federführend für andere Ersatzkassen. Diese sowie Kassen aus dem Verband der Angestellten Krankenkassen können bis zum Monatsende beitreten. Bislang sind nach Informationen von APOTHEKE ADHOC neben der TK die Hamburg Münchener Krankenkasse und die Gmünder Ersatzkasse am Prozess beteiligt.
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