Gema-Gebühren: Musik in der Apotheke Maria Hendrischke, 19.06.2015 14:16 Uhr
Wenn Kunden im Verkaufsraum der Apotheke mit Hintergrundmusik begrüßt werden sollen, ist es mit dem Kauf von CDs und einer Stereoanlage noch nicht getan: Für das öffentliche Abspielen von Musikstücken müssen Apotheken zusätzlich Gema-Gebühren zahlen, die den Urhebern der Werke zukommen.
Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) vertritt mehr als 65.000 deutsche Musikschaffende und etwa 2 Millionen ausländische Kreative: Dazu zählen Komponisten, Textdichter, Musikverleger und nach deren Tod ihre Erben. Schon 1903 übernahm eine Vorläuferorganisation der Gema für ihre Mitglieder Lizenzvergaben und sammelt über Tarifverträge von Musiknutzern Tantiemen ein.
Da Apotheken ein öffentlicher Raum sind, wird ein Gema-Beitrag fällig, wenn dort Musik abgespielt wird. Es gilt der Tarif für Einzelhandelsgeschäfte, unter den bislang auch Arztpraxen fielen. Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) jedoch entschieden, dass die Wiedergabe in Wartezimmern nicht öffentlich und daher auch nicht Gema-pflichtig sei.
Der BGH hat sich damit der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in einem ähnlichen italienischen Fall angeschlossen. Eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Urheberrechts zeichne sich demnach dadurch aus, dass ein Werk gegenüber einer unbestimmten Zahl potenzieller Adressaten und recht vieler Personen abgespielt werden.
Auf den Verkaufsraum von Apotheken treffe jedoch auch diese Auslegung von öffentlicher Wiedergabe zu, sagt eine Sprecherin der Gema. Sie entsprächen eher den frei zugänglichen Einzelhandelsgeschäften als den Arztpraxen; die Musiknutzung sei also weiterhin kostenpflichtig.
Wie viele Apotheken derzeit die Gebühren zahlen, könne aus den Daten der Gesellschaft nicht direkt entnommen werden, so die Sprecherin. Tatsächlich stellten sie aber keine besonders große Beitragsgruppe. Der Einzelhandel dagegen nutze Musik häufig, davon versprechen sich die Inhaber eine verkaufsfördernde Atmosphäre und mehr Wiedererkennungswert, erklärt sie.
Wenn in der Apotheke Musik erklingen soll, muss man sich an die für die jeweilige Region zuständige Bezirksdirektionen wenden und seine Betriebsstätte sowie die geplante Art der Musiknutzung dort anmelden. Die Direktion klärt, welcher Tarifvertrag zur Apotheke passt.
Die Höhe des zu zahlenden Beitrags richtet sich dabei in erster Linie nach der Größe des Verkaufsraums, in dem Musik zu hören ist. Hat dieser Raum eine Grundfläche von höchstens 100 Quadratmetern, was wohl für die meisten Apotheken zutrifft, liegen die zu zahlenden Gebühren zwischen 100 und 160 Euro pro Jahr.
Der exakte Betrag ist von der Vertragsdauer und der Art der Wiedergabe abhängig. Die Gema bietet Monats-, Vierteljahres- und Jahresverträge an. Es ist zudem günstiger, CDs abzuspielen, als einen Radiosender im Hintergrund laufen zu lassen. „Wir vertreten auch Musikjournalisten und Moderatoren, daraus ergeben sich etwas höhere Beiträge für Radiomusik“, so die Gema-Sprecherin.
Auch ein Fernsehprogramm im Verkaufsraum zu zeigen ist Gema-pflichtig, ebenso wie die Verwendung von Musikstücken in Telefonwarteschleifen. Betriebsfeiern gelten grundsätzlich als öffentliche Veranstaltungen: Wenn dort Musik gespielt wird, muss theoretisch ebenfalls ein Tarifvertrag mit der Gema abgeschlossen werden. Auch hier richtet sich der Preis nach der Größe des Veranstaltungsraums. Bei einer Raumgröße bis 200 Quadratmeter wird einmalig ein Beitrag in Höhe von etwa 60 Euro fällig. Zudem muss der Veranstalter bei der Gema eine Liste der gespielten Musikstücke einreichen, damit die entsprechenden Urheber vergütet werden.
Eine Alternative zu den Zahlungen an die Gema bietet lizenzfreie Musik: Diese wird meist von jungen und unbekannten Kreativen produziert, die nicht Mitglieder der Gema sind. Ihnen geht es darum, ein breiteres Publikum zu erreichen. Daher stellen sie ihre Musik meist kostenlos auf einer Webseite zum Download bereit.
Die Gema arbeitet nicht gewinnorientiert. Abgesehen von den Verwaltungskosten gibt die Gesellschaft die Tantiemen direkt an die Urheber weiter. Die Höhe der Ausschüttung richtet sich nach der Häufigkeit und der Intensität, mit der die Werke eines Mitglieds gespielt werden. „Der Urheber eines Stücks ist nicht immer der Interpret“, erklärt eine Sprecherin der Gema. Die aufführenden Musiker werden nicht von der Gema, von der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL) vertreten.
Das bedeutet aber nicht, dass Apotheken, in denen Hintergrundmusik im Verkaufsraum läuft, an die Gema und die GVL zahlen müssen. In den Gema-Tarif ist der Betrag, der den Interpreten zukommt, bereits eingerechnet.