Seit Januar testet Apothekerin Brynja Nickel ihre Kunden auf Covid-19. Sie wartet schon lange darauf, dass Apothekenpersonal in der Priorisierung der Bundesregierung hochgestuft wird. Heute morgen erhielt sie plötzlich eine E-Mail vom Landratsamt, in der ihr die Impfung angeboten wurde.
Die Inhaberin der Apotheke Nickel im Praxis Zentrum in Plüderhausen nutzte die Chance sofort. „Ich habe mich gleich für morgen früh angemeldet. Alles ging ganz problemlos“, freut sich die Pharmazeutin. In der E-Mail hieß es, sie bekomme die kurzfristige Möglichkeit, sich mit dem Impfstoff von AstraZeneca gegen Sars-Cov-2 impfen zu lassen. „Ich nehme jeden Impfstoff, der zugelassen ist.“
Nickel testet seit dieser Woche auch für das Landratsamt in Schulen und Kindergärten. Gemeinsam mit einer Mitarbeiterin hat sie deshalb die Möglichkeit zur Impfung erhalten. Die Priorisierung hat sie überrascht: „Ich habe die höchste Stufe 1“, sagt sie. Es sei richtig, dass Apothekenmitarbeiter, die Menschen testen, auch geimpft werden. „Man hat sonst schon ein komisches Gefühl“, sagt sie – trotz Schutzkleidung und Maske.
Bisher hat Nickel 50 Personen auf das Coronavirus getestet. Von ihnen sei noch keiner erkrankt gewesen. Bei den Getesteten handele es sich um Selbstzahler wie etwa Monteure einer Firma oder Menschen, die Besuche in einem Reha-Zentrum planen oder ihre Quarantäne verkürzen wollen.
In Baden-Württemberg kommt den Apotheken bei der Teststrategie eine besondere Bedeutung zu: Nicht nur setzt die Landespolitik mittlerweile verstärkt auf das „Böblinger Modell“, bei dem Apotheken-Testzentren Träger der allgemeinen Teststrategie sind, sondern Apothekenmitarbeiter*innen spielen – ähnlich wie in Sachsen – auch eine zentrale Rolle bei der Wiedereröffnung von Schulen und Kindertagesstätten, wo sie vor Ort testen. Neben Testzentren und ambulanten Arztpraxen bieten knapp 300 Apotheken im Ländle Schnelltests an.
Aufgrund des hohen Infektionsrisikos sollen testende Apotheker künftig nach §3 Absatz 1 Nummer 5 der Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV) eingestuft werden. Das entspricht Priorisierungsgruppe 2, zu der neben Menschen über 70 und mit Vorerkrankungen wie Demenz Diabetes mellitus oder chronische Lungenerkrankungen auch Personen unter besagter Nummer 5 zählen, „die in Bereichen medizinischer Einrichtungen mit einem hohen oder erhöhten Expositionsrisiko in Bezug auf das Coronavirus Sars-CoV-2 tätig sind, insbesondere Ärzte und sonstiges Personal mit regelmäßigem unmittelbarem Patientenkontakt, Personal der Blut- und Plasmaspendedienste und in SARS-CoV-2-Testzentren“, so die Verordnung. Bisher sind Apothekenmitarbeiter*innen eine Priorisierungsgruppe tiefer eingestuft.
Der Landesapothekerverband bestätigt die Neueinstufung. Der Verband war nach einiger Überzeugungsarbeit im Hintergrund am Dienstag mit der Forderung an die Öffentlichkeit getreten, Apotheker heraufzustufen.
„Wer sich aber mehrere Stunden täglich unmittelbar einem erhöhten Infektionsrisiko aussetzt, sollte auch bei der wichtigen Corona-Schutzimpfung zuvorderst berücksichtigt werden. Ich sehe hier die Politik gefordert, diesen Schutz durch eine Anpassung der Corona-Impfstrategie auch zu gewährleisten“, erklärte Verbandspräsident Fritz Becker.
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