Ann-Katrin Kossendey-Koch

Mein letzter Tag in der Offizin

, Uhr
Berlin -

Heute fällt nach zwölf Jahren der Vorhang für ihre Apotheke in Wiefelstede. Doch Ann-Katrin Kossendey-Koch blickt nicht zurück. Sie freut sich auf ihr viertes Kind und auf die Zukunft in einem neuen Tätigkeitsfeld. Die Reste ihrer Apotheke bietet sie aktuell über ihre Facebook-Seite an.

„Das ist ein sehr emotionaler Tag, gar keine Frage“, so Kossendey-Koch gegenüber APOTHEKE ADHOC. „Viele Kunden kommen heute vorbei, um sich zu verabschieden. Es herrscht eine Stimmung der Dankbarkeit, aber es fließen auch Tränen.“ Ihr selbst gehe es „bis auf den dicken Bauch“ sehr gut. Das vierte Kind soll in den nächsten Tagen zur Welt kommen.

Die Entscheidung, die vom Vater übernommene Apotheke in Kossendeys Gesundheitshaus zu schließen, sei ihr nicht leicht gefallen. „Meine Familie hat meine Selbstständigkeit immer mitgetragen, aber musste auch sehr oft zurückstecken. Von Montagabend bis Samstagmittag stehe ich in der Offizin, da bleibt nur wenig Zeit.“ Parallel machte sie eine Ausbildung zum systemischen Coach und Wingwave-Coach. „Das ist für mich eine sinnvolle Ergänzung zum Pharmaziestudium, denn so habe ich die Möglichkeit, ganzheitlich mit meinen Klienten zu arbeiten.“

Doch mit der Zeit habe sie gemerkt, dass sie als Mutter mehr und mehr gebraucht werde. „Vor einigen Wochen habe ich gemeinsam mit meinem Mann überlegt, wie es mit unserer Familie weitergehen soll.“ Sie beschloss, sich ganz auf ihre Tätigkeit als Coach zu konzentrieren. „Es ist eine Darf- und keine Muss-Entscheidung, mein zweites Standbein als Coach ist schon so erfolgreich, dass ich davon gut leben kann.“

Als Coach sei sie ihrer wahren Berufung wieder näher. „In den letzten Jahren als Apothekerin habe ich mich in einem Wust an Bürokratie verloren. Jetzt kann ich mir wieder die Zeit für Beratung nehmen und bin ganz nah dran am Menschen. Ich kann meinen Klienten helfen, ihre Probleme anzuschauen, Impulse zu geben, Stress zu lösen. Das ist das, was mich wirklich erfüllt.“

Zwei Mitarbeiterinnen hätten ihr zuletzt noch die Stange gehalten, sie seien bereits bei neuen Arbeitgebern untergekommen. „Auch hier hat sich dank meiner Verbindungen alles wunderbar gefügt“, berichtet Kossendey-Koch. „Ich bin hier im Nordwesten gut mit meinen Kollegen vernetzt. Eine Mitarbeiterin hat einen echten Karrieresprung hingelegt und wird in der Industrie arbeiten.“ Auch HV-Tische und Laboreinrichtung habe sie schon in neue Hände geben können, nur ein paar Regale suchen noch neue Abnehmer. „So mancher Apotheke braucht das eine oder andere oder will etwas in Reserve haben.“ Auch versierte Bastler hätten sich gemeldet. „Ich wusste gar nicht, dass sie total auf Schubladenschränke und Laborabzüge stehen.“

Direkt nach Ostern beginnen die Umbauarbeiten in der alten Offizin. Kossendey selbst will sich nach der Entbindung keine lange Ruhepause gönnen. „Seit ich weiß, wo ich meinen Fokus setzen will, finden mich die Menschen auch ohne große Werbung. Im Mai habe ich bereits meine ersten Coachingtermine“, sagt sie. „Ein halbes Jahr aussetzen kann ich gar nicht. Das weiß meine Familie auch. Und meine Kinder wollen ja eine glückliche Mutter haben.“

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema
Mehr zum Thema
Kein Bewusstsein für Leistung vorhanden
Notdienst: Apotheker für 50 Prozent Luxus-Aufschlag
Mehr aus Ressort
Neue Nische für Zwischenhändler
Skonto über Großhandelsapotheken?
„Die Kosten steigen zurzeit ins Unermessliche“
Weihnachtsgeld: So kürzen die Inhaber

APOTHEKE ADHOC Debatte