Brown-Bag-Checks in Nordrhein, Sicherheitstüten in Niedersachsen oder Arzneimittelchecks in Mittelfranken: In immer mehr Kammerbezirken gibt es Projekte, bei denen die Apotheker systematisch die Medikation ihrer Kunden überprüfen. Der hessische Apotheker Dr. Christian Gerninghaus wollte nicht auf seine Kammer warten und hat auf eigene Faust ein „Arzneimittel-Zertifikat“ entwickelt.
Auf dem DIN-A5-Flyer können Patienten bis zu 15 Arzneimittel eintragen, die sie einnehmen. Die Liste können sie dann in der Sonnen-Apotheke in Schlitz abgeben. Zusammen mit einer Mitarbeiterin überprüft Gerninghaus die Medikation auf Interaktionen.
Wenn alles in Ordnung ist, sollen die Patienten ein Zertifikat ausgestellt bekommen, das für ein halbes Jahr gilt. „Nach Ablauf der Frist empfehlen wir eine erneute Überprüfung, um eventuell neu verordnete Arzneimittel auch zu erfassen“, so Gerninghaus.Sollten Wechselwirkungen gefunden werden, helfen die Apothekenmitarbeiter dabei, diese zu vermeiden. Häufig könnten mögliche Interaktionen schon durch den Zeitpunkt der Medikamenteneinnahme entschärft werden, erklärt Gerninghaus. Bei schwereren Fällen will der Apotheker Kontakt zu den Ärzten aufnehmen, um möglicherweise die Therapie zu ändern.
Die Mitarbeiterin absolviere derzeit eine Fortbildung zur Offizinapothekerin, erzählt Gerninghaus. Die Überprüfung der Zertifikate sei auch ein Studienprojekt für sie. Der Apothekeninhaber sieht den Medikationscheck aber auch als „Kundengewinnungsmodell“.Die Frage, ob man für den Medikationscheck Geld verlangen solle und könne, sei im Team kontrovers diskutiert worden, erzählt Gerninghaus. Jetzt gibt es einen Kompromiss: Patienten, die bereits eine Kundenkarte besitzen, müssen nichts zahlen. Für Neukunden kostet der Arzneimittelcheck zehn Euro – sie erhalten dafür aber einen 10-Euro-Gutschein, den sie in der Apotheke einlösen können.
An diesem Wochenende stellt Gerninghaus sein Projekt unter dem Motto „1000 Pillen für Opa“ bei einer Veranstaltung der Arbeiterwohlfahrt vor. Er ist gespannt, wie seine Idee bei seinen Patienten ankommt – 500 Zertifikate hat er schon einmal drucken lassen.
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