Weder er noch sein Ehemann hätten im vergangenen Frühjahr von der Vermittlung von Maskenlieferanten finanziell profitiert, betont Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Es gibt keine Indizien dafür, dass das nicht stimmt. Was nun allerdings öffentlich wurde: Spahns Ehemann hat sehr wohl Maskenlieferanten die Tür zum Bundesgesundheitsministerium (BMG) geöffnet. In mindestens einem Fall kam es dabei zum Kauf. In einem anderen ließ Funke einen Lieferanten wohl aus persönlichen Befindlichkeiten auflaufen.
Spahns Ehemann Daniel Funke hat im März und April 2020 mindestens sechs Angebote für die Lieferung mehrerer Millionen FFP2-Masken an das BMG vermittelt. Das geht auch Gesprächsverläufen Funkes bei Whatsapp hervor, die dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ vorliegen. Dabei geht es nicht um Funkes Arbeitgeber Burda. Dessen Vorstandschef Paul-Bernhard Kallen beteuert, dass er das Geschäft seines Verlags mit dem BMG an Funke vorbei direkt mit Spahn angebahnt habe. Belege, dass Funke dennoch daran beteiligt gewesen sein könnte, gibt es nicht.
Wohl aber dafür, dass mehrere andere Lieferanten Funke für einen direkten Draht ins Ministerium genutzt haben. Den Chatverläufen zufolge wandte sich am 25. März 2020 – in der Hochphase der Engpässe bei Persönlicher Schutzausrüstung – ein Bekannter an Funke, um ihn zu fragen, ob der ihn ins BMG vermitteln könne. Ein Geschäftsfreund, der schon andere Staaten mit Masken versorgt habe, versuche bereits, das BMG zu erreichen, komme aber nicht durch. Funkes Antwort: „Sehr gerne“, der Bekannte solle eine Mail an Funkes Burda-Büro schicken, die Angaben wie Stückzahl, Ansprechpartner mit Handy-Nummer und Bezeichnung der Ware enthalte. „Ich leite das sofort weiter“, so Funke. Daraufhin deutet er an, sich bereits im März doch mit der Masken-Logistik auszukennen, auch wenn er bei Burda nicht involviert gewesen sei. Es hätten sich bisher „viele Lieferungen als kompliziert“ entpuppt, „weil nicht lieferbar bzw. irgendwo beim Zoll verschollen. Das klingt aber sehr gut“, zitiert der Spiegel aus dem Chat.
Am nächsten Tag habe er über Whatsapp ein Angebot an das BMG über 100 Millionen Masken unterschiedlicher Schutzklassen für 164 Millionen Dollar ab Werk in China erhalten. Antwort: „Super. Leite das gleich weiter.“ Nachdem er tagelang nichts von Funke hörte, schrieb er ihn am 3. April erneut an und wollte wissen, warum noch niemand den Händler kontaktiert habe. Daraufhin hat Funke laut Spiegel das Angebot wohl aus persönlichen Gründen ins Leere laufen lassen, wie der Whatsapp-Chat suggeriere.
So hätten sich bisher 99 Prozent der sicher geglaubten Bestellungen aus China als „Luftbuchungen und Mogelpackungen“ herausgestellt, schrieb Funke. Deshalb würden nun „erfahrene Weltfirmen wie BASF, VW oder Lufthansa in Kooperation mit dem Bund“ daran arbeiten, PSA herbeizuschaffen. Zwar stimmt es, dass die drei genannten Konzerne beteiligt waren – die absolute Mehrzahl der beteiligten Firmen waren aber kleine bis mittlere Unternehmen wie die von Funkes Bekannten.
Dass er den auflaufen ließ, hatte anscheinend aber noch andere Gründe – er hatte wohl persönliche Befindlichkeiten: „Und nun noch in eigener Sache: Ich bin ja nicht nur Ehemann des Gesundheitsministers, sondern auch Bürger – und als solcher beobachte ich mit gewissem Unbehagen, wie bestimmte Menschen mit einer Mischung aus Hysterie und Selbstgerechtigkeit kommentieren, richten & teilweise übelst beleidigen“, zitiert Spiegel Funke.
Damit habe er wohl auf einen Facebook-Post seines Bekannten vom Vortag angespielt, indem sich der sich über das Verhaltens Spahns und Laschets bei einem Krankenhausbesuch echauffiert hatte. Die beiden hatten keinen Abstand gehalten. „Wir haben mittlerweile gefühlt 82 Millionen Virologen im Land. Deshalb bin ich auch so frei, jeden aus meiner FB-Liste zu löschen, der diesem, für mich unangenehmen, Typus entspricht“, so Funke. Der Kontakt sei danach abgerissen, das Geschäft kam nicht zustande. Ob er wirklich aus persönlichen Gründen auf die Vermittlung eines Maskengeschäfts verzichtete, erklärt Funke nicht. Auf eine Anfrage des Spiegel hin wollte er sich nicht öffentlich äußern.
In mindestens einem Fall war die Vermittlung allerdings erfolgreich: Am 12. März hatte der Schweizer Händler NopixGlobal Funke ein Angebot geschickt und sich dabei auf einen gemeinsamen Bekannten bezogen. Am selben Tag leitete Funke die Mail an Spahn weiter. Ohne Ausschreibung erhielt die Schweizer Firma einen Vertrag über 1,5 Millionen FFP2- und KN95-Masken. Nach Angaben des BMG sei das Angebot „unvoreingenommen von der zuständigen Beschaffungsstelle“ abgearbeitet worden.
Unterdessen streitet sich das Ministerium weiter mit rund 80 Lieferanten, die ihm unter anderem vorwerfen, gegenüber weiteren Lieferanten und Logistikern – darunter Fiege – benachteiligt worden zu sein. Das BMG hatte Aufträge nur teilweise oder gar nicht bezahlt und sich auf Mängel berufen. Eine Nacherfüllung sei jedoch aufgrund des Fixcharakters des Geschäfts ausgeschlossen – genau die hatte das BMG anderen Firmen aber eingeräumt, so der Vorwurf. Nach der Abweisung einer Klage Mitte März hat das Landgericht Bonn am Mittwoch erstmals gegen das BMG geurteilt und es zu einer Nachzahlung von 1,8 Millionen Euro verurteilt. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig.
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