„Man kann hier nur noch den Schlüssel herumdrehen“ Silvia Meixner, 12.12.2018 14:48 Uhr
Furth im Wald liegt in der Oberpfalz, bis nach Tschechien sind es nur vier Kilometer. Genau dieser Umstand hat der Neuen Apotheke den Garaus gemacht: Die Kunden fahren lieber ins Nachbarland und sparen Geld, wenn sie dort in die Apotheke gehen.
„Der Standort hat uns das Genick gebrochen“, sagt Apothekerin Daniela Skalla. Ihr Großvater hat die Apotheke vor 70 Jahren gegründet. Im September wurde das Jubiläum begangen. Gefeiert wurde nicht, denn da stand schon fest, dass das Ende des Unternehmens besiegelt ist. Ende des Jahres schließt die Apotheke für immer.
Furth im Wald hat rund 9000 Einwohner. Viele haben in den vergangenen Jahren ihre Einkaufsgewohnheiten geändert, vermehrt online bestellt oder sie fahren traditionell gern gen Osten, nach Tschechien. Dort ist vieles günstiger. Auch die Medikamente. „Die Apotheken haben zum Teil 24 Stunden geöffnet, Arzneimittel sind deutlich billiger, dort herrschen fast Internetpreise. Hier im Grenzland ist es wirtschaftlich für viele Unternehmer sehr schwierig“, erklärt Skalla.
„Es kommen zu wenig Kunden und es bleibt zu wenig Gewinn“, schildert sie die Situation. „Das hat sich über die Jahre entwickelt.“ Dazu kam ein Problem, von dem viele Apotheken im ländlichen Raum betroffen sind. „Die Ärzte gehen weg.“ Neue kommen nicht nach. Die Patienten müssen längere Anfahrtswege in Kauf nehmen, um ihre Arzttermine wahrnehmen zu können. „Die Menschen gehen dort in die Apotheke, wo ihr Arzt ist“, sagt Skalla. Und immer seltener war das in Furth im Wald. „Hier im Ort gibt es nur noch einen Arzt.“
Für die Apothekerin und ihr Team wurde die Situation immer unerfreulicher. „Dazu kam, dass wir fast jedes Wochenende Notdienst hatten“, sagt sie. „Die Situation ist insgesamt schwierig, in der Region haben in diesem Jahr fünf Apotheken geschlossen.“ Als Alternativen kommen aus ihrer Sicht nach Zusatzqualifikationen Jobs in der Pflege- oder Kosmetikbranche in Frage.
Wer seinen Job verliert, kann hier nicht damit rechnen, schnell wieder eine neue Stelle zu finden. Denn wo keine Apotheken mehr sind, benötigt man auch keine PTA, PKA und Apotheker. „Im Landkreis Cham wird es mittlerweile schwierig, einen Job in der Apotheke zu finden“, sagt Skalla. Sie will künftig auch nicht mehr in der Offizin stehen, plant, in einer anderen Branche zu arbeiten.
Zuerst jedoch muss sie ihre Apotheke abwickeln. Danach will sie sich ein wenig vom Stress der vergangenen Jahre erholen. „Die Notdienste musste ich immer alleine machen, bezahlen konnte ich niemanden dafür. Mein Vater ist 85 Jahre alt, er hat mich in den vergangenen Jahren zum Teil noch unterstützt.“ Aber Nachtdienst war natürlich zu anstrengend. Irgendwann kam für die Apothekerin der Zeitpunkt, an dem „nichts mehr ging“.
Die Einrichtung aus der Offizin der Neuen Apotheke stammt aus den 90er-Jahren. Wenn sich Interessenten finden, möchte die Apothekerin sie gern verkaufen. „Man kann hier nur noch den Schlüssel umdrehen“, sagt Skalla.