Maja sana: Tabletteneinnahme mit IT-Unterstützung Cynthia Wegner, 09.12.2022 09:06 Uhr
Für viele ältere Patient:innen bringt die Einnahme ihrer Medikamente große Hürden mit sich. Genau hier sollen Tabletten-Dispenser und Verblisterungen unterstützen. Das IT-gestützte Tabletteneinnahmesystem „Maja sana“ soll noch einen Schritt weiter in Richtung Patientensicherheit gehen. In diesem Jahr ist es nach langer Erprobung auf den Markt gekommen und soll Apotheken einen Mehrwert für die Kundenbindung bieten.
Im Alter leiden viele Menschen unter chronischen Erkrankungen. Dadurch kommen schnell einige Arzneimittel zusammen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten eingenommen werden müssen. Die Rede ist von der Polymedikation. Grade in Zeiten von Lieferengpässen muss auf ungewohnte Firmen oder gar unbekannte, neue Wirkstoffe ausgewichen werden. Schnell gerät dabei etwas durcheinander. Viel zu häufig kommt es durch diese Hürden zu schwerwiegenden Arzneimittelnebenwirkungen oder gar Todesfällen. Etwa jede dritte Krankenhauseinlieferung bei Senior:innen könnte auf eine falsche Medikamenteneinnahme zurückzuführen sein.
Verschiedene Systeme und Hilfsmittel können bei der Einnahme unterstützen: Einige Apotheken bieten beispielsweise einen individuellen Blisterservice an. Das Unternehmen tantum sana hat in diesem Jahr einen IT-gestützten Medikamenten-Dispenser zur Marktreife gebracht, welcher durch das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und das Land Hessen gefördert wird. Die Prüfung zur Übernahme der Kosten durch die gesetzliche Krankenversicherung läuft aktuell beim GKV-Spitzenverband. Anschließend sollen auch Gespräche mit privaten Krankenkassen folgen. „Wir sind mitten im Prozess und auf einem guten Weg. Die Hälfte der Zeit seit Prüfungsbeginn ist nun abgelaufen, üblicherweise dauert der gesamte Prozess sechs Monate. Wir gehen also davon aus, dass uns spätestens zum Ende des ersten Quartals 2023 alles vorliegen sollte“, erklärt Geschäftsführer Gerd Meyer-Philippi.
Pharmazeutische Kompetenz der Apotheke im Zentrum
Wenn es um die korrekte Einnahme von Arzneimitteln geht, ist die Apotheke Ansprechpartner Nummer eins. Genau deshalb sieht Meyer-Philippi in der Apotheke den wesentlichen Dreh- und Angelpunkt des Tabletteneinnahmesystems. Seit 2018 arbeitet er an der digitalen Lösung, lange wurde das System getestet. „Wir sind mit drei Vor-Ort-Apotheken gestartet und haben während des Testbetriebs noch ganz viele Erfahrungen sammeln dürfen“, meint er. So konnte das System schließlich zur Marktreife gebracht werden. Aktuell sind rund 20 Systeme bereits im Echtbetrieb – künftig sollen es noch viele weitere werden.
Das Hauptelement von maja sana ist der automatische Medikamenten-Dispenser für sieben Tage. Außerdem gibt es eine App für Patient:innen, Angehörige oder den Pflegedienst. Die Vor-Ort-Apotheke fungiert als Zentrum, in dem alle Prozesse zusammenlaufen und gebündelt werden. „Das ist wichtig, weil die Apotheke die pharmazeutische Kompetenz aufweist. Umso erfreulicher ist es, dass die Medikationsanalyse nun im Rahmen der pharmazeutischen Dienstleistungen honoriert wird.“
Apotheke erhält Zertifizierung
Entscheidet sich eine Apotheke dafür, das System für die Kund:innen anzubieten, so wird sie zunächst zertifiziert, indem sie eine Einweisung in das System und deren Einrichtung erhält. Anschließend kann es bereits losgehen. In der Apotheke werden die Medikationsdaten in das System eingepflegt. Danach wandern sie in die zentrale Cloud, wodurch der Plan immer auf dem aktuellen Stand ist. Die eingegebenen Daten sind sicher verschlüsselt und können nur durch die Apotheke verändert werden. Das von der Apotheke gewählte Blisterzentrum bereitet die Schlauchblister dann nach den eingepflegten Angaben vor.
Stärkung der Vor-Ort-Apotheke im Fokus
Für die Benutzer:innen und deren Angehörige ergibt sich neben der leichteren und nachvollziehbaren Einnahme ein weiterer Vorteil: Denn das Rezeptmanagement läuft über die Apotheke – so können Folgerezepte ganz einfach bestellt werden, ohne lästige Arztbesuche. Im Fokus des Angebots soll die Stärkung der Vor-Ort-Apotheke stehen. „Das bietet keine ausländische Versandapotheke“, so Meyer-Philippi. Denkbar ist nämlich nicht nur die Versorgung der umliegenden Patient:innen. „Auch Patienten von weiter weg können von dem Angebot profitieren“, erklärt Meyer-Philippi. Denn die Patient:innen müssten den Blister nicht zwingend in der Apotheke abholen, sondern können ihn auch ganz bequem per Post nach Hause liefern lassen. Das Einsetzen des neuen Schlauchblisters, kann vom Patienten/von der Patientin selbst durchgeführt werden.
Wie funktioniert das IT-gestützte Tabletteneinnahmesystem?
Das IT-gestützte System sorgt für eine doppelte Sicherheit: Werden Tabletten nicht eingenommen, wird dies vom System registriert und dann, falls gewünscht, Angehörige miteinbezogen und informiert. Der Dispenser zeichnet alle Einnahmen auf und kann parallel mit einer App unterstützt werden – dies ist jedoch nicht zwingend notwendig. Die Historie kann jederzeit eingesehen werden, außerdem können Bluetooth-Geräte wie ein Blutdruckmessgerät gekoppelt und die entsprechenden Daten gespeichert werden. Beim Arztbesuch stehen dann alle Daten gebündelt zur Verfügung.
Das System enthält die Tabletten für eine Woche. Die Einnahmezeitpunkte können dabei beliebig festgelegt werden. Ist die Einnahme erforderlich, wird der/die Patient:in optisch und akustisch darauf hingewiesen. Die Entnahme des passenden Blisters erfolgt durch das Betätigen eines Knopfes. „Dank einer 1-Knopf-Bedienung ist das Gerät auch für nicht technikaffine Patient:innen leicht zu bedienen“, erklärt Meyer-Philippi.
Jeder Beutel ist mit den notwendigen Informationen beschriftet. Der nächste Einnahmezeitpunkt wird den Patient:innen außerdem bereits angekündigt. Bei Bedarf kann der Beutel auch bereits früher aus dem Dispenser entnommen werden, damit die Einnahme unterwegs erfolgen kann.