Die D-Mark-Apotheke Carolin Bauer, 09.01.2016 09:51 Uhr
Kaufland wirbt aktuell mit den D-Mark-Wochen. Bis Ende Januar nimmt die Einzelhandelskette die frühere Währung an. In einer Apotheke in Mainz hat die D-Mark nach der Euro-Einführung nie ausgedient. Seit 14 Jahren können Kunden in der Lothar-Apotheke ihre Restbestände einlösen. Inhaber Frank Bayer hat dafür eigens ein Zählsystem entwickelt.
Händler dürfen D-Mark annehmen, verpflichtet sind sie dazu aber nicht. Ende 2015 waren noch 12,8 Milliarden DM-Noten und -Münzen im Umlauf. Die Bundesbank wechselt in allen Filialen unbefristet und gebührenfrei Scheine und Münzen um. Der amtliche Umrechnungskurs von 1 Euro = 1,95583 DM gilt unwiderruflich.
Die Idee, die alte Währung auch nach der Umstellung auf Euro im Jahr 2002 in der Apotheke als Zahlmittel zu behalten, hatte Bayers Vater. „Ich dachte damals, oh nein, das bleibt an mir hängen“, sagt sein Sohn, der die Apotheke 2008 übernommen hat. So war es auch: Der Pharmazeut entwickelte daraufhin ein System, um das Zählen der Münzrestbestände zu beschleunigen.
Die Lösung: Eine Waage. Über das Mittelgewicht könne der Wert ermittelt werden, da die einzelnen Münzen angesichts des unterschiedlichen Silberanteils nicht gleich wögen. „Die Treffergenauigkeit liegt bei 100 Prozent“, sagt Bayer. Die Variabilität unter den Münzen sei so gering, dass bei zwei Kilogramm Pfennigmünzen noch keine Differenz um eine Münze entstehe. Über sein Warenwirtschaftssystem von der baden-württembergischen Firma Deos könne er außerdem auf Wunsch des Kunden jeden Betrag umrechnen.
Bayer sieht die zweite Währung in seiner Apotheke als „selbstverständlichen Service“ für den Kunden. Direkt nach der Umstellung sei die Dienstleistung sehr häufig nachgefragt worden, sagt er. Die Zahl der eingereichten DM gehe zwar zurück, aber auch im vergangenen Jahr seien wieder ein paar tausend DM eingegangen. Etwa einmal pro Woche komme jemand mit der alten Währung, sagt er.
Als Wechselstube soll die Apotheke aber nicht verstanden werden. Die Kunden erhalten nur Euro zurück, wenn sie Produkte kaufen und mit DM bezahlen. Die eingegangenen Münzen und Scheine löst der Apotheker regelmäßig in der Mainzer Volksbank ein. Die Währung habe nicht an Wert verloren, sagt Bayer, der selbst kein Euro-Gegner ist. Das Argument, alles sei nach der Umstellung teurer geworden, sei Quatsch.
Meist fänden Kunden Restbestände in alter Kleidung. Auch ganze Kassenbestände mit DM habe er schon gezählt, die nach Jahren aufgetaucht seien. Die DM ruhe noch in vielen Schubladen und Portemonnaies. Die schönsten eingereichten Stücke sammelt Bayer. Besonders stolz ist er auf einen 5-DM-Schein aus dem Jahr 1948, der die barbusige Europa reitend auf einem Stier zeigt. Das Bild auf der Banknote habe damals einen Skandal ausgelöst, sagt er.