Temperaturführung

Luxus-Kühlschrank für den Botendienst

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Berlin -

Der Botendienst wird von der Ausnahme zur Regelversorgung – so jedenfalls plant es Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Allerdings müssen sich Apotheken – und Versender – künftig mehr Gedanken um die Temperaturkontrolle bei der Auslieferung machen. Die neuen Vorgaben sind etwas unscharf formuliert, was derzeit noch zu Verunsicherung führt. Die Firma Tec4med bringt jetzt den Goldstandard auf den Markt: Ein aktives Kühlsystem, das sogar mit ins Flugzeug darf. Der Haken: der Preis.

Viele Arzneimittel sollen in einem Temperaturbereich von 2-8 °C gelagert werden. Für den Transport sind die Anforderungen nicht ganz so streng: Hersteller garantieren die Qualität zum Beispiel bei „moderater Raumtemperatur“ bis 25 °C und für nicht länger als zwei Tage. Ideal wäre natürlich, wenn die in der Fachinformation angegebenen Lagerbedingungen auch beim Transport eingehalten würden.

Genau dieses Versprechen gibt Tec4med. Die Darmstädter Firma hat die Nelumbox entwickelt, die dank eines patentierten Kühlsystems permanent einen vorgegebenen Temperaturbereich halten kann. Standards, wie 2-8 oder 15-25 °C sind programmiert, manuell lässt sich die Temperatur von 0-70 °C einstellen und bei Bedarf auch innerhalb kurzer Zeit anpassen. Die Einsatzmöglichkeiten sind damit recht vielfältig. Die Box ist 9 Kilogramm schwer und hat ein Fassungsvolumen von knapp 5 Liter. Sowohl größere als auch kleinere Varianten sind laut Hersteller in Planung.

Das Gerät läuft bei Bedarf auf Batteriebetrieb, die beiden Akkus können zur Ladung auch entnommen und im laufenden Betrieb getauscht werden. Ohne Strom kann die Box nach Herstellerangaben 18 bis 24 Stunden eine Temperatur von beispielsweise 2-8 °C garantieren, Raumtemperatur bis zu 48 Stunden. In Echtzeit werden außerdem Innen- und Außentemperatur sowie die Luftfeuchtigkeit erfasst, ein Geotracker erlaubt die Ortung der Box. Gespeichert wird auch, wann und für wie lange die Box geöffnet wurde. Der Minikühlschrank lässt sich aber auch mit einem elektronischen Schloss verriegeln, so dass ein Botenfahrer die Box weder öffnen noch die Einstellungen verändern kann. Der Empfänger kann die Box dann mit seinem Smartphone oder mittels RFID entriegeln.

Derzeit wird die Nelumbox hauptsächlich in der klinischen Forschung und im Homecare-Bereich eingesetzt. Tec4Med verkauft seine Box für 3000 Euro. Aber der Hersteller arbeitet gerade an einem White Paper für Lösungen im Apothekenbereich. Denn der Bedarf ist laut Marketingchef Christian Schachmann gegeben: „Wir hatten Unmengen von Anfragen von Privatpatienten.“ An Privatpersonen wird die Box aktuell nur vermietet, für 20 bis 25 Euro pro Tag. Ein Kunde mit Diabetes habe erstmals in seinem Leben in die USA fliegen können, weil er sein Insulin mit an Bord nehmen konnte, berichtet Schachmann. Die Box ist IATA-konform und darf mit ins Handgepäck. Der Patient sollte allerdings ein Rezept für seine mitgeführten Medikamente dabei haben.

Im Flugzeug ist auch die Idee für die Box entstanden. Der Erfinder ist während seines Ingenieurstudiums mit Dopingproben von Brasilien in die Schweiz geflogen. Gab es Verzögerungen beim Flug, konnte es schon mal eng werden mit der Halt- und Brauchbarkeit der Proben. Dafür brauchte er eine Lösung. Und schnell war klar, dass die klinische Forschung von Arzneimitteln auf Strecke ein lukrativerer Markt ist als die Olympischen Spiele.

Jetzt sammelt Tec4Med Erfahrungen, inwiefern sich die Technik bei Apotheken einsetzen lässt. Für den Versandhandel eignet sich die jedenfalls Box nicht. Zwar habe es schon Gespräche mit DocMorris gegeben, aber da die eingeschaltete Box wegen der Abluft selbst nicht verpackt werden darf, ist das Thema für Versender uninteressant.

Ob die Box für den Apotheken-Botendienst ein Thema werden kann, hängt sicher von der Umsetzung der neuen gesetzlichen Vorgaben ab. In der Verordnung des Bundgesundheitsministerium ist nur von Temperaturloggern die Rede. Zum Erfüllungsaufwand heißt es: „Ein Temperaturlogger kostet beispielsweise 28 Euro und soll drei Jahre haltbar sein. Damit entstehen durch die Anschaffung des Temperaturloggers jährliche Kosten von rund 9 Euro. Es wird davon ausgegangen, dass sich jede der rund 19.400 Apotheken durchschnittlich einen wiederverwendbaren Temperaturlogger anschaffen wird, um, sofern benötigt, beim Botendienst eine Temperaturkontrolle mitführen zu können. Somit könnten den Vor-Ort- Apotheken jährliche Kosten von rund 181.000 Euro entstehen.“

Die Frage ist, ob ein Temperaturlogger in einer passiv Kühlheit bei sehr hohen Außentemperaturen ausreicht. Denn laut Verordnung muss ein Arzneimittel so verpackt, transportiert und ausgeliefert wird, dass seine Qualität und Wirksamkeit erhalten bleibt. Neu hinzu kommt die Formulierung: „Insbesondere müssen die für das Arzneimittel geltenden Temperaturanforderungen während des Transports bis zur Abgabe an den Empfänger eingehalten werden; die Einhaltung muss bei besonders temperaturempfindlichen Arzneimitteln, soweit erforderlich, durch mitgeführte Temperaturkontrollen nachgewiesen werden“.

Das BMG geht bei seiner Kostenrechnung übrigens davon aus, dass besonders temperaturempfindliche Arzneimittel kein relevantes Geschäftsfeld der Versandapotheken sind. Der normale Anteil von 5 Prozent werde hier vermutlich deutlich unterschritten. Ausgehend von insgesamt etwa 8,8 Millionen Rx-Packungen im Versandhandel im Jahr 2018 berechnet das BMG die Kosten für 176.000 Packungen. Der Erfüllungsaufwand ausländischer Versandapotheken wird vom Ministerium nicht berücksichtigt. Die Schätzung sei immer noch großzügig: „Es wird davon ausgegangen, dass im Versandhandel vorwiegend Temperaturindikatoren für den Einmalgebrauch verwendet werden, die bei Abnahme von größeren Mengen 3,66 Euro pro Stück kosten. Damit würden den inländischen Versandapotheken jährliche Kosten von rund 645.000 Euro entstehen.

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