Geschlossene Räume gelten aufgrund der Aerosol-Entwicklung als Risikofaktor für eine Corona-Ansteckung. Dauerlüften ist bald nicht mehr möglich, sodass Luftreiniger eine Alternative darstellen können. Viele Aspekte sprechen für die Anschaffung – nicht zuletzt der Schutz des eigenen Teams. Doch vor dem Kauf sollte eine Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Inhaber, die ein effektives Gerät kaufen möchten, sollten auf Zertifizierungen und Daten zu Untersuchungen achten.
Filtersysteme gibt es unterschiedliche, für die Offizin kommen grundsätzlich mehrere Varianten in Frage. Empfohlen werden vor allem die HEPA-Filter. Hier sind mittlerweile zahlreiche mobile Geräte am Markt, die kaum Platz einnehmen. In der Größe ähneln einige Modelle einem mobilen Klimagerät. Eine weitere Variante: Die Aufrüstung der bestehenden Raumluftanlage. Je nach Hersteller können HEPA-Filter vor- oder nachgeschaltet werden.
Als einer der ersten Aspekte tritt der Preis auf den Plan – die Preisspanne bei Luftreinigern ist groß. Dabei gilt es die Details zu beachten, um die Differenzen bei den Anschaffungskosten besser einordnen zu können. Kleine mobile Geräte für den Endverbraucher sind seit längerer Zeit am Markt und kosten wenige hundert Euro. Philipps bietet beispielsweise mit dem Luftreiniger Modell AC2887/10 eine Endverbraucherlösung für unter 350 Euro an. Laut Herstellerangaben filtert das Gerät Räume bis zu einer Größe von 80 Quadratmetern. Der CADR-Wert beträgt 333 qbm/h. Der zugehörige NanoProtect HEPA-Filter erfasst bis zu 99,97 Prozent aller Partikel mit einer Größe von bis zu 0,3 µm. Untersuchungen zum Abscheidevermögen von Sars-CoV-2 laufen aktuell. Für Influenzaviren hatte der Hersteller vor einigen Jahren bereits Daten veröffentlicht, die das Abfiltern dieser Viren bestätigt.
Professor Dr. Christian J. Kähler, Physiker und Wissenschaftler an der Universität der Bundeswehr München, spricht sich – aus wissenschaftlicher Sicht – für den Einsatz der hochpreisigeren Geräte mit einer HEPA-Filterklasse von H14 aus. Diese hätten die benötigte Leistung und könnten auch in hochfrequentierten Räumen die Aerosol-Last zuverlässig verringern. Auch auf vorliegende Untersuchungen sollte geachtet werden. Ganz konkret kann Kähler den Raumluftreiniger TAC V+ der Firma Trotec empfehlen – dieses Gerät war das Referenzprodukt seiner Studien. „Das Gerät von Trotec ist sehr gut geeignet für Apotheken, da es Räume bis 140 Quadratmeter gut von der Virenlast befreien kann.“ Kähler präferiert den Einsatz von HEPA-Filtersystemen mit ausreichend hoher Filterklasse. „Reine Plasmageräte kann ich für die Apotheke nicht empfehlen.“
In seiner Studie „Können mobile Raumluftreiniger eine indirekte Sars-CoV-2 Infektionsgefahr durch Aerosole wirksam reduzieren?“ kommt der Physiker zu dem Schluss, dass Luftreiniger die Aerosol-Konzentration gezielt senken können und somit das Übertragungsrisiko von Sars-CoV-2 minimiert wird: „Die quantitativen Messergebnisse zeigen, dass sich mit dem getesteten Trotec TAC V+ Raumluftreiniger aufgrund des großen Volumenstromes und der Filterkombination der Klasse F7 + H14 die Aerosolkonzentrationen selbst in Räumen mit einer Fläche von 80 Quadratmetern je nach Volumenstrom in sechs bis 15 Minuten halbieren lässt. Bei Räumen mit 20 Quadratmetern wird eine Halbierung je nach Volumenstrom in drei bis fünf Minuten realisiert. Es ist daher mit Raumluftreinigern möglich, die Aerosolkonzentration in Räumen kleiner und mittlerer Größe problemlos auf einem niedrigen Niveau zu halten.“
Ein Vorteil des Luftreinigers der Firma Trotec: Der Filter reinigt sich selbst. Grundlage hierfür ist die sogenannte HEPA-Thermodekontamination – die in der gefilterten Luft enthaltenen Viren werden mittels Hitze automatisch inaktiviert und der Filter dekontaminiert sich selbst. Hierfür erhitzt sich der integrierte H14-Hochtemperatur-Lamellen-Schwebstofffilter regelmäßig für kurze Zeit auf ungefähr 100 °C erhitzt, sodass Keime abgetötet werden. Die herausgefilterten Viren sind aufgrund der Denaturierung der Proteine nicht mehr infektiös. Wichtig ist dieser Aspekt beim Wechsel der Filtereinheit. Die gebrauchten HEPA-Filter können direkt entsorgt werden. Die Entsorgung von nicht dekontaminierten HEPA-Filtern ist deutlich teurer.
Geht es um die Anschaffung eines Luftreinigers, fällt mitunter auch der Begriff der Radikal-Reinigung. Statt die Luft zu filtern werden der Luft Hydroxyradikale zugeführt. OH-Radikale tragen das Synonym „Luftreiniger“ und kommen natürlich in der Umwelt vor. Die reaktiven Moleküle gehen leicht Verbindungen mit anderen Molekülen ein. Trifft ein Hydroxyradikal auf einen Keim, so wird dieser zerstört. Gleichzeitig entsteht bei diesem Vorgang Wasser – das Raumklima verbessert sich. Natürlich vorkommende OH-Radikale haben eine sehr kurze „Überlebensdauer“ von lediglich einer Sekunde. Geräte, die diese Technologie nutzen, haben die Radikale modifiziert, sodass sich die Dauer auf einige Minuten verlängert, so steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das Radikal auf einen Schadstoff trifft.
Die Firma Panasonic bietet unter dem Namen „Nanoe X Technologie“ Geräte mit der Radikal-Reinigung an. Zur Auswahl stehen Geräte, die an die Wand montiert werden oder frei im Raum stehen. Der Hersteller gibt Daten zur Abtötung bestimmter Keime an – darunter Staphylococcus aureus, Influenzavirus (Typ H1N1) und auch Coronaviren. Auf Nachfrage antwortet ein Mitarbeiter der wissenschaftlichen Abteilung ganz klar: „Die von uns eingesetzte Technologie kann das aktuelle Coronavirus nicht abtöten. Zu den Auswirkungen der Nanoe X Technologie bei Sars-CoV-2 gibt es keine Daten.“ Generell unterscheidet sich das Prinzip auch von anderen Raumluftanlagen oder Luftreinigern. „Unsere Wandgeräte stellen nur einen Zusatz für gute Umgebungsluft dar. Das im Rahmen von Corona diskutierte Lüften kann nicht entfallen. Dafür kann der Kunde bei uns wählen, ob er die alleinige OH-Radikal-Technologie haben möchte, oder ein Gerät mit gleichzeitiger Klimafunktion.“ Der Mitarbeiter berichtet, dass aktuell vermehrt Anfragen aus Apotheken eintreffen. Der Bedarf an geeigneten Methoden zur Luftreinigung sei durchaus gegeben.
Darüber hinaus stellt er noch einmal den Unterschied zwischen einer Raumluftanlage und einem mobilen Luftreiniger oder Klimaanlage dar. „Der Kunde muss zunächst wissen, welche Art von Anlage oder Gerät er hat. Raumluftanlagen ziehen Außenluft an und geben verbrauchte Luft wieder nach außen ab. Bei Gebäuden, die über eine solche Anlage verfügen sieht beispielsweise spezielle Vorrichtungen auf den Dächern.“ Je nach Modell gibt es Anlagen mit kontrollierter Zuluft oder kontrollierter Abluft. Auch kombinierte Zu- und Abluftanlagen können verbaut werden. Dies sei wichtig, wenn es um das Thema Aufrüstung geht erklärt der wissenschaftliche Mitarbeiter. Diese Anlagen können in den meisten Fällen mit HEPA-Filtern bestückt werden. Für Klimageräte, die lediglich die Luft umwälzen kann, keine Aufrüstung vorgenommen werden.
Einen Sonderfall stellen die sogenannten Split-Geräte dar. Hier wird die Aufrüstung mit HEPA-Filtern bereits seit dem Sommer diskutiert. Experten gehen davon aus, dass die Ergänzung solcher Geräte um H13 oder H14 Filter in den allermeisten Fällen nicht möglich sei. Als Hauptgründe werden vor allem das begrenzte Platzangebot in den kompakten Geräten genannt zum anderen muss dem Hochleistungsfilter stets ein Filter niedrigerer Klasse vorgeschaltet werden – dies sei rein technisch zumeist nicht möglich.
Vor wenigen Tagen hat das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) eine Einschätzung zum Gebrauch von UV-C-Desinfektionsgeräten veröffentlicht. Der Einsatz in Räumen mit Personenverkehr berge ein gewisses Risiko – die Installation solcher Geräte müsse gut geplant werden. Deshalb lautet die Empfehlung: „Akute Effekte auf Augen und Haut müssen vermieden und das Risiko für Langzeitwirkungen muss minimiert werden, beispielsweise durch Montage der Strahlungsquelle an hohen Decken, um den Abstand zwischen Strahlungsquelle und im Raum befindlichen Personen zu erhöhen. Eine einfache Lösung "von der Stange" gibt es hier nicht.“ Wenn solche Geräte zur Raumluftreinigung eingesetzt werden, dann empfiehlt das Institut die Verwendung von abgeschirmten UV-C-Bereichen in die die Raumluft mittels Anlage hineingeleitet wird.
Das BfS beurteilt die aktuelle Studienlage zu den zwei unterschiedlichen Wellenlängen 254 nm und 222 nm (Far-UV-C) als nicht ausreichend, sodass die beworbenen Aussagen von Geräteherstellern nur bedingt als wissenschaftlich korrekt angenommen werden können. UV-C-Geräte mit Lampen, die im Bereich von 222 nm strahlen gelten als unbedenklicher. Von den Anbietern postuliert wird, dass die Eindringtiefe in Auge und Haut so gering ist, dass praktisch keine DNA-Schäden entstehen. Das BfS betont, dass die aktuellen Studien „keine belastbaren Erkenntnisse über Wirkungen regelmäßiger oder chronischer Exposition an verletzter oder geschädigter Haut oder auf empfindliche Personengruppen wie Kinder“ ermöglichen.
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