Sterilherstellung

LG: Keine Rezeptur mit Antikörpern

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Berlin -

Rezepturen sind laut Arzneimittelgesetz (AMG) von der Zulassungspflicht befreit. Anders sieht es aber womöglich aus, wenn bestimmte Fertigarzneimittel – etwa monoklonale Antikörper – als Ausgangsstoffe eingesetzt werden. Durch die Weiterverarbeitung wird laut Landgericht Hamburg (LG) ein zugelassenes Medikament verändert. Weil der Originalhersteller für einen solchen Schritt eine neue Zulassung bräuchte, sollen auch Apotheken und Herstellbetriebe in die Pflicht genommen werden.

In dem Streit ging es um das Abfüllen von Lucentis (Ranibizumab) und Avastin (Bevacizumab) in Fertigspritzen. Auf diese Weise stellte die Aposan-Tochter Apozyt aus einzelnen Präparaten mehrere Spritzen her. Novartis hatte geklagt und argumentiert, dass beim Umfüllen ein neues Arzneimittel hergestellt werde, für das Apozyt eine Zulassung brauche.

Rechtliche Grundlage in dem Verfahren war die EU-Verordnung 726/2004. In deren Anlage sind verschiedene biotechnologisch hergestellte Arzneimittelgruppen aufgelistet, für die eine zentrale Zulassung Pflicht ist. Darunter befinden sich auch Präparate auf Basis monoklonaler Antikörper.

Im Verfahren ging es um die Frage, ob die Weiterverarbeitung solcher Fertigarzneimittel ebenfalls als Herstellung im Sinne der Verordnung zu verstehen ist. In diesem Fall griffen nämlich die nachrangigen Ausnahmevorschriften für die Rezeptur- und Defekturherstellung nach EU-Richtlinie 2001/83/EG und nationalem Recht nicht.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte entschieden, dass die Weiterverarbeitung keiner Zulassung bedarf, wenn die Rezeptur auf Basis einer individuellen Verordnung hergestellt und das ursprüngliche Arzneimittel dabei nicht verändert wird. Die Bewertung des konkreten Falls überließen die Richter in Luxemburg den Kollegen in Hamburg.

Der Begriff der Veränderung ist den Richtern zufolge „weit zu verstehen“: Er umfasse neben Änderungen der Substanz oder des Wirkstoffes auch Änderungen bei Dosierung, Darreichungsform, Anwendung und Haltbarkeit, heißt in der Urteilsbegründung. Messen lassen muss sich die Rezepturherstellung demnach an den Vorgaben, die für den Originalhersteller gelten würden.

So hatte auch Novartis in dem Verfahren argumentiert: Selbst als Zulassungsinhaber benötige man für jede Änderung des zugelassenen Arzneimittels eine erneute Zulassung. Dem folgten die Richter: „Es wäre weder logisch noch verständlich, warum Dritte für Modifikationen, für die selbst der Genehmigungsinhaber einer weiteren Genehmigung bedarf, keinerlei Genehmigung beibringen müssten.“

Abweichungen von der Original-Zulassung sahen die Richter etwa im Abfüllen der Arzneimittel in Fertigspritzen, bei der Lagerung dieser Fertigspritzen und der Änderung des Haltbarkeitsdatums. Auf die Zusammensetzung ging das LG nicht ein, da diese im konkreten Fall nicht verändert worden war.

Die Abfüllung an sich sahen die Richter nicht als genehmigungsbedürftige Änderung, ebenso wenig wie das Verfahren zur Entnahme und Umfüllung. Auch mit dem Einwand, Apozyt lägen für die Herstellung keine individuellen Rezepte vor, blieb Novartis erfolglos. Aus Sicht der Richter konnte der Konzern nicht beweisen, dass die Aposan-Tochter nicht auf der Grundlage individueller Rezepte tätig geworden ist.

Apozyt wurde dazu verurteilt, die Auseinzelungs-Praxis einzustellen und Schadensersatz an Novartis zahlen. Der Hersteller soll dafür Auskunft darüber erteilen, wie viele ausgeeinzelte Fertigspritzen seit Ende 2010 verkauft hat und wie viele Originalpräparate dafür verwendet wurden. Apozyt hat bereits Berufung eingelegt.

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