AstraZeneca: Kontingente für Onglyza Lothar Klein, 17.06.2016 15:20 Uhr
Seit einiger Zeit beklagen Apotheker immer wieder Lieferengpässe beim Antidiabetikum Onglyza (Saxaglipin) von AstraZeneca. Entweder kann der Großhandel nicht liefern oder es gibt beim Direktvertrieb Probleme. Angeblich kontigentiert der Hersteller sein Produkt. Indirekt beschuldigt der Konzern nun den Großhandel, für die Misere verantwortlich zu sein: Weil Onglyza in Deutschland billiger ist als im Ausland, besteht der Verdacht, der Großhandel exportiert lieber ins Ausland statt die heimischen Apotheken zu versorgen.
„AstraZeneca beliefert den Großhandel ausreichend und sogar über den Patientenbedarf hinaus“, so eine Sprecherin gegenüber APOTHEKE ADHOC. An den Großhandel werde das Fünf- bis Sechsfache des ermittelten Bedarfs geliefert. Allerdings seien die Diabetesprodukte von AstraZeneca durch das AMNOG-Verfahren, die Nutzenbewertung und Preisverhandlungen im europäischen Vergleich auf dem niedrigsten Preisniveau.
„Seitdem zudem die Erstattungspreise für die Marktteilnehmer sichtbar sind, ist die Nachfrage nach den betroffenen Produkten auf Seiten des pharmazeutischen Großhandels enorm angestiegen“, so die Sprecherin und weiter: „Aktuell bestellt der Großhandel ein Vielfaches des Patientenbedarfs. Trotzdem scheinen die Produkte oft nicht bei den Apotheken/Patienten anzukommen.“
Offen aussprechen will AstraZeneca die Vermutung nicht, dass der Großhandel wegen des erheblichen Preisgefälles Onglyza mit größerem Profit ins Ausland verkauft. Um Apotheken in Deutschland „trotzdem eine optimale Patientenversorgung zu gewährleisten“, biete der Hersteller zusätzlich über PharmaMall die Möglichkeit der Direktbestellung an. „Sollte eine Apotheke regelhaft mehr Bedarf haben, kann sie bei AstraZeneca direkt eine Erhöhung der üblichen Liefermenge beantragen“, so die Sprecherin.
Doch auch Apotheken berichten, dass ihre Bestellungen bereits vom Konzern abgelehnt worden seien. Sein Budget sei erschöpft gewesen, habe man ihm erklärt, schildert ein Apotheker. Ein Kollege sagt, dass er pro Monat nur fünf Packungen bestellen dürfe und dass ihm auch schon andere Präparate verwehrt worden seien.
AstraZeneca will sich dazu nicht äußern. Den Vorwurf, Apotheken ins Direktgeschäft zu drängen, weist der Konzern zurück: Grundsätzlich sei festzuhalten, „dass wir unsere Produktpalette weiterhin generell über unseren Partner Großhandel vertreiben wollen“. Man habe kein wirtschaftliches Interesse an einer Ausweitung des Direktgeschäfts, es diene vielmehr der Sicherung der Patientenversorgung.
Bereits Ende letzten Jahres hatte AstraZeneca hat das Direktgeschäft umgestellt und damit für Ärger bei den Apotheken gesorgt. Der Pharmakonzern nimmt seit November keine Aufträge mehr per Fax oder Telefon an, sondern wickelt Bestellungen künftig über den Online-Shop Pharma-Mall ab. Der Grund: „Sprunghaft angestiegene Direktbestellungen“.
Bereits im November hieß es, die Einschränkung sei eine Reaktion auf die spezielle Situation im Diabetesmarkt. Angesichts „der enorm angestiegenen Anzahl der Bestellungen“ sei man an die logistischen Grenzen gestoßen. Mit dem neuen Bestellverfahren sollten Patienten Medikamente auch im Direktgeschäft zügig erhalten.Der Hersteller versteht den direkten Vertrieb an Apotheken laut eigenem Bekunden nur als „Notfall-Kanal“.
Kritik am neuen Online-Bestellverfahren kam von Apotheker Thomas Real: „Es dauert drei bis fünf Tage, bis ich das Arzneimittel erhalte“, sagt er im letzten November. Allein der Abgleich der Kundennummer durch Pharma-Mall benötige 24 Stunden Zeit, die erstmalige Registrierung einen weiteren Tag. „Eine schnelle und flächendeckende Versorgung der Patienten ist so nicht möglich.“
Dass Apotheker Ärger mit AstraZeneca haben, ist nicht neu. Vor einigen Jahren hatte der Konzernim Zusammenhang mit seinem Antiasthmatikum Pulmicort Turbohaler (Budesonid) Kopien der Rezepte gefordert. Nach massivem Protest ruderte man in Wedel zurück: Fortan mussten Apotheker bei jeder Direktbestellung schriftlich versichern, dass ein Rezept vorliegt. Mit ihrer Unterschrift sollten die Apotheker rechtsverbindlich bestätigen, dass die Ware ausschließlich zur Abgabe auf Rezept an Patienten verwendet wird.
„Wir wissen nicht, was mit unserer Ware passiert“, begründete ein Konzernsprecher schon damals das Vorgehen. Wegen der wiederholten Lieferengpässe solle mit den Direktbelieferungen eine zeitnahe Versorgung sichergestellt werden. Die Maßnahme sei lediglich als „Notfallkanal“ für Kleinstmengen gedacht, teilt AstraZeneca damals mit.
In 2014 hatte AstraZeneca in seinen Vereinbarungen mit den Großhändlern die Regelungen zum Skonto geändert. Im Raum stand eine Kürzung von 1,5 auf 0,8 Prozent, was angesichts der Mengen Belastungen in Millionenhöhe bedeutete. Hintergrund waren Sparmaßnahmen.