Lieferengpässe

Darf man Arzneimittel an Kollegen verschicken?

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Berlin -

Aktionstag in meiner Apotheke? Gefällt mir! Ob Gesundheitstipps oder aktuelle Sonderangebote: Viele Apotheken sprechen ihre Kunden auch in den sozialen Medien an. Doch die Netzwerke erfüllen für die von Lieferengpässen geplagten Pharmazeuten noch einen anderen Zweck: als Tauschbörse für dringend benötigte Arzneimittel.

Ob irgendein Kollege noch Perindopril Erbumin von Glenmark an Lager habe, fragte in dieser Woche ein Apotheker auf Facebook. Offenbar war der Blutdrucksenker für ihn über den Großhandel oder im Direktbezug aktuell nicht zu bekommen. Falls jemand der Kollegen aushelfen könne, möge er bitte eine persönliche Nachricht an den Suchenden schicken.

Der Aufruf ist beileibe kein Einzelfall, regelmäßig fragen Pharmazeuten sich untereinander nach fehlenden Präparaten. Das ist rechtlich unproblematisch, solange ein Kunde mit Rezept versorgt werden muss. In § 17 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) heißt es zwar in Absatz 6c: „Apotheken dürfen von anderen Apotheken keine Arzneimittel beziehen.“

Allerdings gibt es im Folgenden einige Ausnahmetatbestände, unter anderem Nummer 5. Demnach sind Arzneimittel ausgenommen, „die in dringenden Fällen von einer Apotheke bezogen werden; ein dringender Fall liegt vor, wenn die unverzügliche Anwendung des Arzneimittels erforderlich ist und wenn das Arzneimittel nicht rechtzeitig bezogen oder hergestellt werden kann“. Bei vorliegender Großhandelserlaubnis oder der Versorgung von Krankenhäusern gelten ohnehin andere Vorschriften.

Bleibt die Frage, wie das Arzneimittel die Apotheke wechselt. Entweder übernimmt der Großhandel die Abwicklung oder die Apotheke schickt es direkt an den Kollegen. Da die Arzneimittel nicht an Endverbraucher verschickt werden, wird hierzu auch keine Versandhandelserlaubnis benötigt. Allerdings müssen die beteiligten Apotheker sicherstellen, dass die qualitätssichernden Maßnahmen eingehalten werden – etwa mit Blick auf die Temperaturvorschriften. Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, steht der kollegialen Aushilfe nichts im Wege.

Und so suchen und tauschen die Apotheker bei Facebook & Co. das Fehlende. Die Hintergründe sind unterschiedlich: Mal hat ein Hersteller sein Präparat vom Markt genommen, und die Restposten werden vermittelt. Im Fall Resochin von Bayer wurde sogar über Alternativen diskutiert – man hilft sich.

Und manchmal muss es schnell gehen: Als an einem Samstag im September ein Oxycodon-Präparat fehlt, bietet eine freundliche Kollegin tatsächlich ihre Hilfe an, am Montag könne sie nachsehen. Doch bis dahin hatte sich der Fall schon erledigt. Er zeigt aber immerhin, dass Apotheken wenig unversucht lassen, um ihre Kunden zufrieden zu stellen.

Angesichts des großen Umfangs der Lieferengpässe, sind der nachbarschaftlichen Hilfe Grenzen gesetzt. In vielen Fällen bekommen die Suchenden zwar keine Arzneimittel, aber immerhin das Mitgefühl der Kollegen. Bei ganz allgemein auftretenden Engpässen wie vor einigen Monaten bei Valsartan sorgten Nachfragen auf der Plattform auch schon mal für Heiterkeit.

In Kommunikation mit den Kunden wiederum sind die sozialen Netzwerke für Apotheken eine gute Informations- und Marketingplattform. Ein begehrtes Arzneimittel war zuletzt Zoely: Nach dem monatelangen Engpass ließen mehrere Apotheken ihre Kunden wissen, dass sie das hormonelle Kontrazeptivum mit Nomegestrolacetat/Estradiol jetzt wieder vorrätig haben. „Aufgrund der vielen Anfragen, sowohl persönlich, telefonisch oder per Mail, melden wir, dass die Apotheken in Deutschland wieder Ware bekommen haben“, schrieb eine Apothekerin.

Auch OTC-Marken sind oft Thema bei Facebook: Die Schiller-Apotheke in Duisburg freute sich in der vergangenen Erkältungssaison über eine Lieferung des damals schwer erhältlichen Kombipräparats Aspirin Complex und veröffentlichte dazu ein Foto. Die Apotheke im Hauptbahnhof Köln warb ebenfalls mit einem Bild für die vorhandenen Packungen des Grippemittels von Bayer. Der Aufruf über das soziale Netzwerk kam offenbar an: Am nächsten Tag war alles weg.

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