Die täglich wechselnden Lieferengpässe sorgen aktuell für großen Frust – nicht nur bei Patient:innen, sondern auch in den Apotheken. Inhaberin Martina Reh hat in ihrer Regatta-Apotheke in Duisburg daher einen Aushang angebracht, auf welchem sich die Kontaktdaten des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) befinden. Beschwerden über die aktuellen Zustände sollen direkt an Ressortchef Karl Lauterbach (SPD) gerichtet werden. Die Reaktionen der Kundschaft sind gemischt.
„Ist auch ihr Arzneimittel von Lieferengpässen betroffen?“ So lautet die Überschrift des Aushanges, der sich seit der vergangenen Woche an der Eingangstür und den HV-Tischen der Regatta-Apotheke befindet. „Haben Sie bitte Verständnis dafür, dass wir die Hintergründe aus Zeitmangel nicht mit Ihnen diskutieren können. Außerdem sind die Apotheken nicht Urheber dieser sich schon lange abzeichnenden Misere.“ Beschwerden sollen daher direkt an Lauterbach und das BMG oder die Krankenkasse gerichtet werden. Darunter folgen die Kontaktdaten. Zur Verfügung gestellt wird der Aushang von der Freien Apothekerschaft.
Wie alle Apotheken haben auch Reh und ihr Team durch die Engpässe jeden Tag alle Hände voll zu tun. „Ich kann ja verstehen, dass man unzufrieden ist, wenn man krank ist und seine Medikamente nicht bekommt“, meint die Inhaberin. Deshalb arbeitet sie möglichst lösungsorientiert. „Wir sind schon gut damit beschäftigt nach Alternativen zu schauen, um die Kunden zu versorgen – da hat man einfach nicht die Zeit, um noch alle Hintergründe im Detail zu diskutieren.“
Vereinzelt hätten Kund:innen bereits auf den Zettel reagiert und Verständnis gezeigt. Reh wünscht sich jedoch, dass sich noch mehr Menschen direkt an das BMG wenden. Doch der Aushang scheint zu polarisieren. „Ein paar Tage später haben wir prompt eine 1-Stern-Google-Rezension bekommen – vermutlich von einem Lauterbach-Fan“, meint Reh. „Wem die Zeit fehlt, mit zahlender Kundschaft über Missstände zu diskutieren, und stattdessen frech einen entsprechenden Zettel aufhängt, benötigt offenbar keine Kundschaft mehr“, so die Rezension. Reh nimmt es jedoch gelassen: „Da muss man dann schon das Rückgrat für haben und auch zu seiner Entscheidung stehen.“
Besonders schlimm sei die Unvorhersehbarkeit der Lieferengpässe. „Das wechselt täglich und ist leider absolut nicht kalkulierbar.“ Für ein lieferbares Medikament kämen dafür dann oft mehrere hinzu, die plötzlich nicht mehr zu bekommen seien. Viele Kund:innen wüssten mittlerweile um die Problematik und würden sich daher auch mit einem Ausweichmedikament zufriedengeben.
Problematisch sieht Reh das drohende Auslaufen der Corona-Sonderregelungen: Wenn der Austausch dann nicht mehr relativ einfach mittels Sonder-PZN erfolgen kann und die Patient:innen wieder zur Praxis müssen, um ihre Verordnung ändern zu lassen, führe dies zu großem Chaos und noch mehr Unmut.
Wichtig sei bei der Belieferung von Rezepten vor allem die Kommunikation mit den Patient:innen. „Es ist nicht damit getan zu sagen, dass das Medikament nicht lieferbar ist.“ Reh versucht den Kund:innen zu erklären, dass sie nach einer Alternative sucht – was jedoch auch mal etwas dauern kann. „Wenn man jedes Medikament einzeln nachschauen muss, frisst das schon Zeit.“ Die meisten Kund:innen seien geduldig, wenn man erklärt, dass nach einer Lösung gesucht wird. „Ich erkläre dann, dass es für uns auch einen großen Mehraufwand bedeutet.“
Auf Diskussionen über die Hintergründe versucht Reh mittlerweile jedoch nicht mehr zu reagieren. „Ich sage nur noch, dass die Ursachen vor allem in der Politik liegen“, so die Inhaberin. Über viele Einzelheiten ließe sich sowieso nur Vermutungen anstellen.
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