Den Apotheken steht erneut ein Engpass bei einem wichtigen Rabattarzneimittel bevor: Wie der Generikahersteller Zentiva mitteilt, ist das Produkt Novaminsulfon-Lichtenstein (Metamizol) in zwei wichtigen Packungsgrößen von 10. bis 20. August nicht verfügbar. Mit dem nichtopioiden Analgetikum ist die Sanofi-Tochter bei nahezu allen Krankenkassen Rabattpartner. bereits in der Vergangenheit kam es zu Ausfällen bei Metamizol.
Zentiva nennt Produktionsengpässe im August 2016 als Grund, warum es jetzt kurzzeitig zu einem Lieferausfall kommt. Betroffen sind die jeweils die Einheiten mit 500 mg Wirkstärke, als N3-Packung mit 50 Filmtabletten (PZN: 01798000) und als N2 mit 30 Stück (PZN: 00262467).
Zu beiden Präparaten hat Zentiva zahlreiche Rabattverträge geschlossen, meist als exklusiver Partner der Kasse. Betroffen sind die Verträge der AOK, Barmer GEK, DAK Gesundheit, KKH sowie der beiden BKK-Dienstleister GWQ und Spectrum K – also mit rund 60 Millionen Versicherten nahezu das gesamte GKV-Lager. Laut Arzneiverordnungsreport 2014 ist Zentiva mit Abstand das meist verordnete Arzneimittel in der Klasse der Pyrazolderivate.
Die Krankenkassen mit Rabattvertrag wurden von Zentiva bereits informiert. Ob die Kassen wegen des Ausfalls Vertragsstrafen verhängen werden, kann man noch nicht sagen. Auch gegenüber den Apotheken wird der Engpass jetzt offen kommuniziert: „Abhängig von den individuellen Apothekenbeständen kann es sein, dass vorübergehend ein austauschfähiges Alternativpräparat abgegeben werden muss“, so Zentiva.
Damit die Apotheken keinen Ärger mit den Kassen bekommen, bestätigt Zentiva die eigene Lieferunfähigkeit mit einem offiziellen Schreiben. Das können die Apotheken zur Begründung an die Kassen weiterleiten, wenn sie den Rabattvertrag missachten. Dies erspart ihnen, eine entsprechende Bestätigung des Großhändlers einzuholen, die dann gegebenenfalls von der Kasse nicht einmal akzeptiert wird.
Laut Hersteller ist die weltweit steigende Nachfrage nach Metamizol ein Grund für die Lieferschwierigkeiten. Hierzulande steigt der Bedarf nach Herstellerangaben jährlich um zwei Millionen Packungen oder 9 Prozent. Laut Arzneiverordnungsreport wurden 2014 insgesamt 137 Millionen Tagesdosen des Präparats von Zentiva abgegeben. Der starke Anstieg um mehr als ein Viertel im Vergleich zum Vorjahr lag aber vor allem an Verschiebungen bei den Rabattverträgen zu Metamizol. Die Gesamt-DDD der Pyrazolderivate lag 2014 bei 175 Millionen Tagesdosen.
Novaminsulfon-Lichtenstein lag zudem laut Arzneiverordnungsreport als Einzelpräparat auf Platz 20 der Arzneimittel mit den höchsten Netto-Kosten im Jahr 2014. Diese beliefen sich demnach auf 189,2 Millionen Euro, 38 Millionen oder 26 Prozent über Vorjahr. Metamizol wurde 2014 mehr als 19 Millionen Mal verschrieben; seit Jahren legen die Zahlen kontinuierlich zu: 2005 noch 67 Millionen Tagestherapiedosen (DDD) verordnet. Ein Grund könnte – den bekannten Risiken der Agranulozytosen und Schockreaktionen zum Trotz – die Erstattungsfähigkeit sein. Die Ausgaben der Kassen lagen bei 242 Millionen Euro, Rabatte nicht berücksichtigt.
Bereits im Juli waren die Metamizol-Tropfen von Zentiva von Lieferschwierigkeiten betroffen. Ursache seien „Kapazitätsengpässe“ gewesen, so eine Sprecherin damals. Die Apotheken konnten sich eine Nichtlieferfähigkeitsbescheinigung von der Internetseite von Zentiva herunterladen.
Auch Berlin-Chemie hatte mit Berlosin in der nachfragestärksten Packung à 50 Tabletten ab Juni Probleme. Das Präparat ist Rabattarzneimittel bei der Techniker Krankenkasse (TK). Die Menarini-Tochter machte für die Probleme einen Zulieferer verantwortlich. Die Ausfälle bei den großen Rabattpartnern sorgten schnell dafür, dass auch andere Hersteller in die Knie gingen.
Novaminsulfon Lichtenstein war schon 2015 wochenlang nicht lieferbar. Betroffen waren damals die Tropfen in drei Packungsgrößen. Grund waren Engpässe bei der Produktion eines Lohnherstellers. Ende August gab es zumindest bei der Großpackung wieder Nachschub.
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