Lieferdefekte

AOK: Defektnachweis ist keine Hürde

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Berlin -

Die AOK Rheinland/Hamburg will bei Defektmeldungen der Apotheken genauer hinsehen und notfalls retaxieren. Denn die Kasse glaubt nicht an eine ehrliche Verwendung der Sonder-PZN zur Nicht-Lieferfähigkeit. Deshalb wird ab sofort retaxiert, wenn der Hersteller den Defekt nicht bestätigt hat, wie ein Sprecher gegenüber APOTHEKE ADHOC mitteilte. Die Kasse geht davon aus, dass die Unternehmen ihre Engpässe gern bestätigen.

Die AOK hat dem Sprecher zufolge einen „erheblichen Anstieg der Verwendung des Sonderkennzeichens in der jüngsten Vergangenheit“ festgestellt. Daher habe man dies auf Plausibilität überprüft. Nach Aussage der Kasse hat gar nicht jedes Mal ein Engpass vorgelegen, wenn das Rezept mit dem entsprechenden Sonderkennzeichen bedruckt war. Konkrete Zahlen konnte die Kasse auf Nachfrage bislang nicht liefern.

Die Apotheken im Rheinland und Hamburg wurden zuletzt mit einer „Schattenretaxierung“ überrascht. Die AOK schickte Images von Rezepten, bei denen aus ihrer Sicht die Sonder-PZN zu Unrecht verwendet wurde, verzichtet aber vorerst auf eine Retaxation. Ab September müssen die Apotheken aber jeden Defekt zwingend vom Hersteller direkt bestätigen lassen – wahlweise von zwei Großhändlern.

In der Praxis beklagen Apotheken aber regelmäßig, dass die Hersteller ihre Engpässe nicht offen kommunizieren. Stattdessen werde verfügbare Ware streng kontingentiert. Damit ist formal Ware im Markt, die Apotheken erhalten aber de facto zu wenig. Die AOK geht dem Sprecher zufolge dagegen davon aus, „dass ein pharmazeutisches Unternehmen selbstverständlich bereit ist, schriftlich eine Lieferunfähigkeit beziehungsweise einen Lieferengpass zu bestätigen“.

Die AOK beruft sich dabei auf den Arzneiliefervertrag Nordrhein-Westfalen, der mit dem Apothekerverband vereinbart sei. Darin sei geregelt, dass Apotheken Defekte bei Rabattarzneimitteln belegen müssen. „Der Nachweis kann durch Vorlage einer Erklärung des pharmazeutischen Unternehmers oder des Großhändlers geführt werden, sofern dies auf eine Erklärung des pharmazeutischen Unternehmens beruht“, so ein Sprecher der Kasse.

Beim Apothekerverband Nordrhein klingt das weniger harmonisch: „Wir befinden uns derzeit bezüglich der Auslegung des Arzneilieferungsvertrages und des Rahmenvertrages im intensiven Austausch mit der AOK Rheinland/Hamburg. Aktuelle Unstimmigkeiten dürfen dabei in keinem Fall in der Apotheke zur Behinderung der Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln führen“, so ein Sprecher.

In der Praxis bestätigen nämlich auch die Großhändler den Apothekern nur eigene Engpässe und nicht solche des Herstellers. Sie fürchten Schadenersatzklagen, wenn die Kassen Vertragsstrafen verhängen, weil ein Rabattpartner offiziell nicht liefern konnte. Generikahersteller monieren indes hinter vorgehaltener Hand, dass die Großhändler sich nach überwundenen Engpässen irrational mit Ware eindeckten und damit die Lage punktuell schnell wieder verschärften.

Egal, bei wem das Problem liegt, die Apotheker werden von der AOK in die Pflicht genommen: „Zukünftig werden alle Verordnungen retaxiert, auf denen das Sonderkennzeichen aufgedruckt ist und der AOK Rheinland/Hamburg keine Defektmeldung für den Abgabezeitpunkt des Arzneimittels vorlag“, so der Sprecher.

Auf Retaxationen in welcher Höhe die AOK nach eigenem Verständnis bislang verzichtet hat, wird nicht kommuniziert. Mit dem aktuellen Schreiben habe man auf das Problemfeld aufmerksam gemacht, mit dem Ziel, zukünftige Retaxierungen im Interesse der Apotheken zu vermeiden. „Die AOK Rheinland/Hamburg folgt mit dem aktuellen Beratungsschreiben dem Grundsatz 'Beratung vor Retax'.

Eine Abstimmung mit anderen AOKen, dem Bundesverband oder dem GKV-Spitzenverband hat es hierzu nicht gegeben. Das sei laut dem AOK-Sprecher auch nicht erforderlich. Für die Apotheken wäre dies aber zumindest hilfreich. Denn anderenfalls kann es zu unterschiedlichen Vorgaben – und damit Retaxrisiken – kommen.

Die DAK – sonst eher für Strenge bei der Rezeptprüfung bekannt – ist dabei wesentlich kulanter als die AOK Rheinland/Hamburg. Für alle Rezeptabrechnungen mit einem Abgabedatum ab 1. Juli 2015 sei als Nachweis der Lieferunfähigkeit die Bescheinigung eines Großhändlers mit entsprechender Sonder-PZN ausreichend, so ein Sprecher.

Die DAK verlangt auch keine Auskunft im Namen Dritter: „Die vorgelegte Bescheinigung eines Großhändlers muss nicht ausdrücklich die Lieferunfähigkeit des pharmazeutischen Unternehmens bestätigen“ Alle entsprechenden Verordnungen „werden künftig nicht retaxiert“, versichert der DAK-Sprecher.

Die Techniker Krankenkasse verriet gegenüber APOTHEKE ADHOC, man befinde sich derzeit in Gesprächen mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV) zu diesem Thema. Auch bei der Ersatzkasse kann man sich eine Lösung mit Defektbelegen von zwei Großhändlern vorstellen. Doch entschieden ist noch nichts. Verhandlungen zwischen DAV und dem Ersatzkassenverband VDEK waren dagegen ergebnislos geblieben.

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