Hier wird nicht gejammert: Eine junge Apothekerin erzählt auf jetzt.de, einem Angebot der Süddeutschen Zeitung, aus ihrem Offizin-Alltag. Sie leitet seit Kurzem eine Filialapotheke und freut sich über gute Chancen im Job. In dem Beitrag erklärt sie Lesern, warum es gut ist, ein kleines Helfersyndrom zu haben.
„Das Studium ist sehr spannend, aber auch zeitaufwändig“, sagt die 26-jährige Iris. Danach ist es mit dem Lernen aber noch lange nicht vorbei. „Das Wissen von der Uni ist nach spätestens fünf Jahren nicht mehr aktuell.“ Also weiter lernen. Immer, ein Leben lang. „Es gibt Fortbildungsveranstaltungen, die man eventuell am Abend nach der Arbeit noch besucht. Außerdem halte ich mich mit Fachzeitschriften auf dem Laufenden.“
In ihrem Porträt erklärt sie Lesern, die branchenfremd sind, die Details ihres Berufes. Sie geht penibel bei ihrer Tätigkeit vor: „Ich kläre mit dem Patienten, ob er noch andere Medikamente nimmt und ob er Bescheid weiß, wie er das Medikament einnehmen soll. Nebenbei prüfe ich auch, ob die Dosierung des Arztes plausibel ist. Wenn ich das Gefühl habe, dass der Patient sich mit dem Medikament auskennt, überprüfe ich nochmals, ob ich das richtige Mittel ausgewählt habe, bevor ich es ihm gebe. Vorrang hat also immer die Beratung.“
Morgens um halb neun stehen schon die ersten Kunden vor ihrer Tür. Aber sind mal keine oder wenige da, geht es im Backoffice für sie weiter. Dann kommt der Teil der Arbeit, den die Kunden nicht sehen: Mit Ärzten telefonieren, Medikamente nachbestellen, Rezepturen herstellen. „Als Apothekerin bin ich zuständig für die Plausibilität der Rezeptur. Das heißt, ich muss überprüfen, ob alle Inhaltsstoffe zusammenpassen, Unstimmigkeiten kläre ich mit dem Arzt. Wenn ich das Rezept freigebe, wird es von einer PTA hergestellt.“
Auch die Angst, die Apotheker häufig begleitet, ist für sie ein Thema: „Man braucht ein hohes Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein für den Job. Gerade als Berufsanfängerin ist das manchmal schwer. Bisher gab‘s aber keinen Tag, an dem ich etwas Schlimmes falsch gemacht habe. Ich habe noch nie ein falsches Medikament ausgegeben. Man lernt zwar mit der Zeit, mit diesem Druck umzugehen. Aber man lernt auch, das alles nie auf die leichte Schulter zu nehmen.“
Apotheker helfen gern. Und sie tun es jeden Tag. Manche Schicksale berühren sehr, man denkt auch nach Feierabend über Kunden nach. „Wir bekommen viele Schicksalsschläge und schwere Krankheiten mit“, sagt die junge Apothekerin. „Am meisten hilft mir, zu sehen, dass die Patienten optimal versorgt sind. Besonders schlimm ist es, wenn man merkt, dass jemand nach und nach dement wird.“
Dann versucht sie oft herauszufinden, ob es Angehörige gibt, die sich um diese Patienten kümmern. „Da habe ich ein kleines Helfersyndrom. Ich frage die Patienten zum Beispiel, ob sie am Wochenende Besuch bekommen.“ Oder sie fragt vorsichtig, immer unter der Wahrung der Schweigepflicht, bei Nachbarschaftshilfevereinen nach. Und behält Patienten liebevoll „im Auge“.
Ihre Work-Life-Balance stimme, sagt die Pharmazeutin. Kurz nach dem Studium genießt sie besonders die freien Wochenenden. „Im Studium hatte ich kaum eines.“ Zu viel vom Uni-Stoff musste am Wochenende immer noch vor- oder nachbereitet werden. Da tun jetzt sechs Notdienste im Jahr auch nicht so weh.
Im ersten und zweiten Berufsjahr verdient sie laut Tarifvertrag 3409 Euro brutto im Monat. Gängig seien 20 Prozent über Tarif. „Da gerade ein starker Personalmangel an Apothekern herrscht, hat man ganz gute Chancen nach oben.“
Die Berufsanfängerin hatte Glück: Die Apothekerin, bei der sie ein halbes Jahr Praktikum gemacht hatte, bot ihr gleich nach dem Studium die Leitung der Filiale an. Zum Schluss äußert sich Iris noch zur Außenwahrnehmung des Apothekerberufes – Stichwort „Die Frage, die immer auf Partys gestellt wird“: „Die meisten denken, man steht nur hinterm Tresen, guckt in den Computer und holt Medikamente. Die fragen mich dann: 'Ist das auf Dauer nicht langweilig?' Dann sage ich immer: 'Wenn mein Job bei all dem, was ich machen muss, so einfach aussieht, dann mache ich ihn richtig.'“
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