Pro Offizin

Lieber Gutmensch als Gutverdiener

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Berlin -

Nach elf Jahren Pharmaindustrie zog es Apotheker Dr. Micha Hansen* zurück in die Apotheke vor Ort. Als Angestellter arbeitet er mittlerweile in einer homöopathisch geprägten Offizin. „Da finde ich mich wieder“, sagt er. Nur wegen des höheren Gehaltes wollte er nicht in der Industrie bleiben.

Hansen begann seine Karriere als Pharmakant und studierte im Anschluss Pharmazie. Das praktische Jahr absolvierte er bei einem mittelständischen Hersteller und in einer öffentlichen Apotheke. Nach der Promotion wechselte er zu einem homöopathischen Hersteller und war unter anderem für Globuli verantwortlich. „Ich wollte schon immer für den Bereich der Alternativmedizin arbeiten und aus ethischen Gründen nicht zu einem großen Pharmakonzern gehen“, sagt er.

Nach zehn Monaten stieg der Apotheker bei dem Unternehmen zum Herstellungsleiter auf. „Die Zeit war klasse. Mir hat es dort sehr gut gefallen.“ Er war für das rund 1000 Mitarbeiter beschäftigende Unternehmen in der Wirkstoff- und Globuliproduktion tätig. Doch einen Nachteil hatte die Stelle: „Die Lage ist nicht so gut, wenn man wie ich aus dem Norden stammt und sich dort wohl fühlt“, sagt er.

Deshalb schaute sich der Apotheker nach Stellenausschreibungen in Norddeutschland in der Nähe von Hamburg um. Nach rund neun Jahren wechselte er Mitte 2016 zu einem Lohnhersteller. „Die Lage des Betriebs war da einer der Gründe.“ Dort war er als Herstellungsleiter und in der Qualitätssicherung tätig.

Doch die Konzernstruktur lag ihm nicht: „Die Arbeit ist zu unpersönlich“, sagt er. Deshalb verließ er den Hersteller in diesem Sommer. Doch statt sich nach einem anderen Pharmaunternehmen oder Leitungsposten umzusehen, fand er eine Stelle in einer Vor-Ort-Apotheke. „Ich will den persönlichen Bezug zu Menschen. Bei der homöopathischen Firma hatte ich viele Kontakte, bin beim Außendienst mitgefahren.“ Beim Lohnhersteller sei dies nicht mehr möglich gewesen.

Mittlerweile arbeitet er als Teilzeitangestellter für eine Apotheke in Norddeutschland. Dort fühlt er sich wohl: „Das Team ist gut. Wir sind hier vier Apotheker und mehrere PTA.“ Die Inhaberin kannte er noch flüchtig aus dem Studium. Sie verfolge mit ihrem Betrieb ein naturheilkundliches Konzept und einen homöopathischen Ansatz. Selbst eine Apotheke zu übernehmen oder neu zu gründen, kam für ihn nicht in Frage: „Das ist finanziell nicht attraktiv und ein Wagnis in der aktuellen Gesundheitspolitik.“

Die Arbeit im HV sei anders als in der Industrie nicht nur auf Effizienz getrimmt. „Mir fällt es nicht schwer, in einer Landapotheke zu arbeiten.“ Das liege auch daran, dass ein Familienmitglied in einer Apotheke tätig und er dadurch immer nah am Arbeitsalltag gewesen sei. „Ich finde es sehr angenehm, dass hier nicht nur Zahlen abgefragt werden.“

Das Gehalt sei im Vergleich zur Industrie nicht annähernd so attraktiv, sagt er. „Man muss sich natürlich entscheiden, ob man nur auf Geld achtet oder auch andere Werte sucht. In der Apotheke kann ich versuchen, das in Deutschland auf billig gestutzte Gesundheitssystem im Kontakt mit meinen Kunden etwas auszugleichen.“ Viele Apotheker blieben allein wegen des höheren Verdienstes in der Industrie. Abgesehen davon seien „die Gehälter in den Apotheken für alle Berufsgruppen gemessen an der Verantwortung generell nicht hoch genug“.

Die Zahl der in der Industrie tätigen Apotheker steigt. Von den laut ABDA rund 64.000 berufstätigen Pharmazeuten waren Ende 2017 rund 6500 bei Pharmaherstellern tätig. 2015 waren es noch 5900. Im Vergleich zur Vor-Ort-Apotheke zieht es vor allem Männer in die Industrie.

Der Frauenanteil ist mit 61 Prozent deutlich geringer – in Apotheken sind 73 Prozent der Pharmazeuten weiblich. Zudem sind die angestellten Industrieapotheker mit einem Altersschnitt von 42 Jahren jünger als ihre Kollegen im HV mit einem Alter von durchschnittlich 47 Jahren.

* Name von der Redaktion geändert

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