Apotheker holen 416.000 Euro Retax zurück APOTHEKE ADHOC, 13.05.2015 18:20 Uhr
Kampf gegen ungerechtfertigte Retaxationen: Im vergangenen Jahr hat der Landesapothekerverband Baden-Württemberg (LAV) im Einspruchsverfahren insgesamt rund 416.500 Euro von den Kassen zurückgeholt. Die Fachabteilung Taxation prüfte 9230 von den Kassen beanstandete Rezepte, die zu 4790 Retaxationsvorgängen zusammengefasst wurden. Der Gesamtwert der geprüften Taxationen belief sich 682.130 Euro.
Unterm Strich war von den Retaxationsbeträgen, die die Krankenkassen einbehalten hatten, nur ein gutes Drittel, nämlich rund 265.700 Euro berechtigt. „Im Umkehrschluss sind nach Wert somit zwei von drei Retaxationen unberechtigt“, so der Verband.
Die Botschaft an die LAV-Mitglieder ist daher, dass es sich immer lohne, Retaxationsvorgänge genau anzusehen und bei offenen Fragen den Sachverstand und die Kompetenz der Fachabteilung im Verband in Anspruch zu nehmen.
„Retaxationen bereiten den Mitgliedern und auch den Mitarbeiterinnen der Fachabteilung viel Arbeit. Sie kosten Zeit und Nerven“, sagte LAV-Geschäftsführerin Ina Hofferberth auf der gestrigen Beiratssitzung. „Aber das Ergebnis zeigt, dass sich der Aufwand und eine Mitgliedschaft im LAV lohnt. Denn ohne die Unterstützung und den Einsatz des LAV hätten viele Apotheken sich ihren Anteil an über 416.000 Euro nicht zurückgeholt.“
2013 hatte es nur etwa 5200 Fälle in 2850 Vorgängen gegeben. Von einem Gesamtwert von 542.400 Euro konnte der Verband 398.670 Euro zurückfordern; unberechtigt waren 143.800 Euro – nur jede vierte Retaxation stellte sich als berechtigt heraus. 2012 gab es dagegen Einsprüche zu 9870 Fällen, zusammen 4120 Retaxationen. Die Retaxsumme belief sich auf 721.000 Euro. Davon konnte der LAV 511.000 Euro zurückholen. Der Verband erklärte das damalige höhere Aufkommen mit regelrechten Retaxationswellen der Kassen, in denen selbst kleinere Beträge abgesetzt wurden.
Wellen gebe es immer wieder bei der Anzahl der Retaxationen, das hänge mit mehreren Faktoren zusammen, so der Verband. Zudem habe jeder Apotheker die Möglichkeit, eigenständig Einspruch einzulegen – solche Fälle könne der LAV nicht erfassen, deshalb zeigen die Zahlen nur einen Ausschnitt.
Für das laufende Jahr ist Hofferberth pessimistisch: Der Ausblick zeige schon jetzt, dass die Retaxationsflut weitergehe. Bis Anfang Mai hat der LAV bereits über 1600 Fälle zur Prüfung erhalten, die eine Gesamtsumme von 365.000 Euro umfassen.
„Es ist höchste Zeit, dass die Politik uns bei der längst versprochenen Lösung für Retaxationen bei leichten Formfehlern hilft.“ Schaue man sich die Höhe der falsch retaxierten Beträge an, werde schnell klar, dass die Kassen hier mehr Geld ausgäben, als sie durch das Kontrollinstrument einsparten. „Mit Blick auf den gewünschten Bürokratieabbau könnte hier rasch viel unnötige Arbeit eingespart werden.“
Zumindest die im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) vorgesehene Einigung zwischen GKV-Spitzenverband und Deutschem Apothekerverband (DAV) lässt auf Linderung hoffen. Innerhalb eines halben Jahres müssen die Vertragspartner regeln, „in welchen Fällen einer Beanstandung der Abrechnung durch Krankenkassen, insbesondere bei Formfehlern, eine Retaxation vollständig oder teilweise unterbleibt“. Kommt eine Regelung nicht rechtzeitig zustande, entscheidet die Schiedsstelle.