Laborärzte: Alle nichtärztlichen Testzentren schließen APOTHEKE ADHOC, 01.06.2021 12:27 Uhr
Als Konsequenz auf die Berichte über Abrechnungsbetrug bei Testzentren fordert der Berufsverband Deutscher Laborärzte (BDL) die Schließung aller nichtärztlich geführten Teststellen. Jüngste Vorfälle um überhöhte Testzahlen und Pannen beim Patientendatenschutz seien alarmierend und erforderten ein entschiedenes Handeln. Auch Apotheken seien davon nicht ausgenommen.
Seit Herbst seien unzählige Fehler bei der Lagerung der Schnelltests und der Abstrichnahme bekannt geworden. Auch medizinisch unhaltbare Testumgebungen mit gravierenden Verstößen gegen den Infektions- und Arbeitsschutz und falsche Testbescheinigungen machten die Dimension des Problems deutlich.
„Die Kommerzialisierung des Infektionsschutzes in der Covid-19-Pandemie war ein schwerer Fehler, der sofort korrigiert werden muss“, so das Fazit des Verbandsvorsitzenden Dr. Andreas Bobrowski. Corona-Testzentren sollten künftig nur noch von Ärzt:innen oder ärztlich geführten Körperschaften betrieben werden. Vor Ort dürfe ausschließlich medizinisches Fachpersonal die Schnelltests durchführen und auswerten. Qualitätsnormen, Rechtsaufsicht und individuelle Haftung würden so eindeutig geregelt. Zudem werde das Vertrauen in die Testbescheinigungen gestärkt, wenn diese wieder ausschließlich durch Ärztinnen und Ärzte ausgestellt würden.
Auch die weitere Einbeziehung von Apotheken lehnt der BDL ab: Einerseits zeige sich bundesweit, dass viele Apotheken die „Kundenströme“ räumlich nicht trennen könnten – mit den entsprechenden Infektionsgefahren auch für die Mitarbeiter:innen, so ein Sprecher auf Nachfrage. „Zum anderen sollten Ausnahmen vom Grundsatz ‚Infektionsdiagnostik ist eine ärztliche Aufgabe‘ Ausnahmen bleiben. Von Apotheken betriebene Testzentren machen aus der Ausnahme eine Regel – die Arbeitsteilung in der Gesundheitsversorgung, auf die die Apotheken mit Verweis auf Qualitätsaspekte beharren, muss auch hier gelten.“
Mit Blick auf die Betrugsvorwürfe in Testzentren sieht der BDL vor allem Versäumnisse bei den Kommunen. Vielerorts seien sie der Pflicht zur Kontrolle der von ihnen zugelassenen Testzentren nicht nachgekommen. „Wenn tatsächlich Kontrollen stattfinden, werden regelmäßig Auflagen erteilt – bis hin zur Schließung von Testzentren“, verweist Bobrowski auf ein entsprechendes Beispiel in seiner Heimatstadt Lübeck.
Die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geplanten Preissenkungen für Antigen-Schnelltests lehnt der BDL ab: „Niedrigere Preise führen nicht zu besseren Tests, im Gegenteil. Vergewerblichung, Preisdumping und lasche Kontrollen bewirken noch schlechtere Testbedingungen. Der Arbeitsschutz wird reduziert, die Arbeitsbelastung verdichtet, Mindestlöhne zementiert. Das sind die Stellschrauben, an denen gewerbliche Schnelltester drehen, um ihre Geschäfte am Laufen zu halten. Billige Schnelltests, improvisierte Testumgebungen und unqualifizierte Tester erzeugen keine validen Testergebnisse. Wer solche Zustände zulässt, schadet dem Patientenvertrauen in die Infektionsdiagnostik“, so Bobrowski.
Abschließend verweisen die Laborärzt:innen auf die aus ihrer Sicht ohnehin niedrigere Aussagekraft von Antigen-Schnelltests, insbesondere bei Personen ohne auffällige Krankheitssymptome. Ja nach Testanbieter stellten die Laborfachärztinnen und -fachärzte bei ihren verpflichtenden Kontrolluntersuchungen im PCR-Verfahren eine Fehlerquote von bis zu 50 Prozent fest. Ein mitentscheidender Faktor für die Aussagekraft der Tests sei das Qualitätsmanagement in der Durchführung, das medizinische Laien nicht beherrschen könnten. Daher gelte, dass man auch mit einem negativen Schnelltestergebnis unbedingt alle Maßnahmen zum Infektionsschutz beachten sollte.
Umso ärgerlicher findet es der BDL, dass auch die Vergütung für PCR-Tests zum 1. Juli sinken soll: „Die Debatte um nichtärztliche Schnelltests zeigt, wie wichtig die fachärztliche Infektionsdiagnostik im PCR-Verfahren ist. Hier darf es kein Preisdumping geben“, kritisiert Bobrowski die Haltung der Krankenkassen.