Seit Monaten wundern sich die Apotheken über das rigorose Vorgehen der Agentur für Präqualifizierung (AfP) – gehört die Zertifizierungsstelle doch zur MGDA und damit zur Avoxa und über diese zur Abda. Dennoch machte das Unternehmen den Eindruck, auf den letzten Metern noch einmal Kasse machen zu wollen, sogar für die Kündigung sollen die Apotheken zahlen. Der Hessische Apothekerverband (HAV) macht seinem Ärger darüber jetzt öffentlich Luft – während die anderen Verbände schweigen.
Eine halbe Million Euro Gewinn erwirtschaftete die AfP im Geschäftsjahr 2022, mehr als 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren damals für das Zertfizierungsunternehmen tätig. Auch wenn das Unternehmen damit ein eher kleines Licht unter den Wirtschaftsbetrieben der Abda ist – durch das rigorose Vorgehen der Truppe aus Eschborn fühlten sich viele Apothekerinnen und Apotheker vor den Kopf gestoßen.
Immerhin hatte sich die Abda selbst für die Abschaffung der Präqualifizierung bei apothekenüblichen Hilfsmitteln eingesetzt, doch auf den letzten Metern schien die AfP noch einmal möglichst viele kostenpflichtige Audits in möglichst kurzen Abständen durchziehen zu wollen. Als Grund wurden Verzögerungen während der Pandemie angeführt, doch natürlich hätte man seitens des Gesellschafters das Team um den Ende 2022 angetretenen Geschäftsführer Oliver Launhardt zur Mäßigung aufrufen können.
Doch genau das geschah nicht. Stattdessen entschied der Geschäftsführende Vorstand in der vergangenen Woche, dass man die Kosten für die Inanspruchnahme des Sonderkündigungsrechts als Gesellschafter nicht beanstanden werde. 149 Euro zahlen Apotheken bei Komplettkündigung, 89 Euro bei Kündigung der apothekenüblichen Hilfsmittel oder 49 Euro bei Kündigung der apothekenüblichen Hilfsmittel unter Nutzung des Online-Formulars.
Im Anschluss wurden Vertreterinnen und Vertreter der Landesapothekerverbände kontaktiert und auf diese Haltung eingeschworen. Zum ersten Mal wird damit deutlich, dass die Verbände dem Gebahren des Tochterunternehmens nicht nur stillschweigend zusehen, sondern es sogar unterstützen. Die Haltung hat vermutlich einen guten Grund: Nehmen beispielsweise 10.000 Apotheken ihr kostenpflichtiges Sonderkündigungsrecht wahr, könnte die AfP noch einmal eine halbe Million Euro vereinnahmen. Je nach Weg und Umfang könnten es auch deutlich mehr werden, nämlich bis zu 2,5 Millionen Euro.
Geld, das man für die Abwicklung von Teilen des Geschäftsbetriebs vermutlich braucht – und das die Abda nicht aus der eigenen Tasche nachschießen, sondern lieber von den Mitgliedern abzapfen will.
Dabei waren die Rechtsabteilungen der Verbände zu der Einschätzung gelangt, dass mit dem Wegfall der rechtlichen Grundlage, also der Pflicht zur Präqualifizierung, überhaupt keine kostenpflichtige Kündigung erforderlich sei.
So sieht man es auch beim HAV. „Wir sind mehr als irritiert, dass für diese Sonderkündigungen von der AfP auch noch Entgelte berechnet werden sollen, da mit dem Wegfall der Präqualifizierung für apothekenübliche Hilfsmittel auch entsprechende Verträge ab dem 1. April obsolet sind“, sagt Seyfarth. „Diese weitere Belastung für Apotheken in ohnehin schwierigen Zeiten hätte man sich im Sinne aller Kolleginnen und Kollegen sparen können. Hier haben die Verantwortlichen im DAV versäumt, ein positives Zeichen zu setzen.“
Mindestens ebenso absurd erscheine vor diesem Hintergrund, dass die AfP kurz vor Inkrafttreten der neuen Gesetzeslage erneut etliche Audits aufgerufen habe. Seine Kritik adressieren Seyfarth und seine Vorstandskollegen aus diesen Gründen auch noch einmal klar und deutlich an die Spitze des Deutschen Apothekerverbandes (DAV): „Vom DAV als Gesellschafter wäre hier eine klarere Positionierung in diesem Sinne angebracht gewesen, gerade jetzt in der aktuellen Situation. Dass man sich kurz vor Schluss hier nochmal an den eigenen Mitgliedern bereichern will, ist auch bei bestem Willen nicht nachzuvollziehen.“
Der HAV selbst hat seine Mitglieder nicht nur über die Sonderkündigungsmöglichkeiten bis Ende Juni informiert, sondern auch über die Alternative, die Verträge einfach auslaufen zu lassen. Da diese üblicherweise eine Laufzeit von fünf Jahren hätten und zwei Audits umfassten, müsse man sich genau überlegen: „Endet Ihre Präqualifizierung bald und es sind ausschließlich Versorgungsbereiche mit apothekenüblichen Hilfsmitteln präqualifiziert und es wurden bereits beide Überwachungsaudits durchgeführt, können Sie die Präqualifizierung auslaufen lassen.“
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