Zum Start der dezentralen Impfung rückte das Thema Kühllogistik erneut in den Fokus. Die Apotheken können seit drei Wochen Impfstoffe über den Großhandel bestellen, um ihn dann weiter an die Hausarztpraxen zu liefern. Bei dem Bestellprozess ist vor allem die Temperatur wichtig. Da kann man schon einmal stutzig werden, wenn die Kühlakkus vom Großhandel nicht gefroren sind.
Apotheker:innen und PTA, die regelmäßig Kühlwaren liefern, kennen das Problem: Wann ist ein Kühlakku tatsächlich kühl genug? Standardmäßig werden zum Transport von Infusionsbeuteln, Schmerzpumpen & Co. mit Flüssigkeit gefüllte Kühlakkus genutzt, die durch das vorherige Runterkühlen gefrieren. Nicht selten dehnen sich die Plastikumhüllungen dabei aus. Wirklich kalt genug sind diese Akkus nur, wenn keine Flüssigkeit mehr im Inneren ist und sie beim Aneinanderschlagen wie Eisblöcke klingen. Gerade im Sommer sollten nur vollständig gefrorene Akkus in die Kühltaschen eingelegt werden. Bei jeder Lieferung kann etwas dazwischenkommen, sodass die Transportzeit verlängert wird.
Sogenannte eutektische Akkus können Temperaturschwankungen innerhalb der Transportbox auf ein Minimum reduzieren. Sie absorbieren Wärme und setzten sie wieder frei. Das enthaltene Material ist wärmespeichernd. Zur Speicherung großer Mengen thermischer Energie bei konstanter Temperatur werden Phasenwechsel zwischen festem und flüssigem Zustand und umgekehrt genutzt. Diese Kühlakkus müssen nicht tiefgefroren werden. Um einen Temperaturbereich von 2 bis 8 °C aufrechtzuerhalten, genügt eine Vorkühlung bei 0 bis 4 °C. Dann wird der Kühlakku fest, kann aber innerhalb der Box zwischen den Aggregatzuständen fest und flüssig wechseln.
Liegt bei der Warenannahme ein flüssiger Kühlakku in der Box vom Großhandel, so heißt das nicht zwangsläufig, dass die Temperatur innerhalb der Kiste zu hoch ist. Sobald die Temperatur innerhalb der Box den eutektischen Punkt des Kühlakkus übersteigt, absorbiert der Kühlakku Wärme, ohne dass sich die eigentliche Kühltemperatur ändert. Während des Phasenwechsels liegt das Akku-Innere fest-flüssig vor – die benötigte Temperatur wird weiterhin gehalten. Vor einer erneuten Verwendung des Akkus sollte er entsprechend der Zieltemperatur erneut vorgekühlt werden.
Es gibt sogar Kühlakkus, die Minustemperaturen von -21 °C halten können und das sogar über mehrere Tage. Einzige Vorraussetzung: Sowohl das Kühlelement als auch das zu kühlende Produkt sind ausreichend kalt. Im Inneren der Akkus findet sich ein eutektisches Gel, welches seinen Phasenwechsel bei -21 °C hat. Der Vorteil dieser Akkus im Gegensatz zu Trockeneis liegt im gefahrenlosen Umgang. Trockeneis muss vorsichtig auf- oder umgefüllt werden. Es müssen Handschuhe und Schutzbrille getragen werden. Gleichzeitig sollte der Raum, in dem mit dem Stoff gearbeitet wird, gut belüftet sein. All diese Voraussetzungen entfallen beim Benutzten der besonderen Tiefkühlakkus.
Zwischen den Kühlelementen und dem Produkt sollte immer eine Barriere platziert werden. Hierbei gibt es unterschiedlichste Lösungen. Ein Beispiel sind Kühlkissen: Diese Thermobarrieren verhindern das Einfrieren der pharmazeutischen Produkte. Der Großhandel nutzt hier häufig eine andere Variante. Durch Abstandsgitter und Styropor soll ein direkter Kontakt zwischen Arzneimittel und Kühlakku vermieden werden.
In einigen Apotheken werden zusätzlich zu Kühltaschen und -akkus Temepraturlogger zur Kontrolle beigelegt. Bei der Validierung von Transportprozessen müssen die Logger zum Einsatz kommen. Der Großhandel benutzt für den Transport von kühlkettenpflichtigen Arzneimitteln validierte und zertifizierte Kühlboxen mit passenden Kühlelementen. Doch ganz ohne Trockeneis kommen die Lieferanten bei der Impfstoffverteilung doch nicht aus. Biontech versendet die Großpackungen Comirnaty in Thermoversandbehältern gefüllt mit Trockeneis. Hier kann der Impfstoff (bei regelmäßiger Nachfüllung) bis zu 30 Tage gelagert werden. Das schaffen die Kühlakkus nicht.
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