Wegen angeblicher Zahlungsrückstände

Krebsmedikament: GSK will Apotheke nicht beliefern

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Berlin -

Weil die Hubertus-Apotheke in Duisburg-Großenbaum angeblich eine Rechnung nicht bezahlt hatte, verweigerte GlaxoSmithKline (GSK) die Auslieferung eines dringend benötigten Krebsmedikaments. Um die Patientin versorgen zu können, zahlte Inhaber Dr. Christoph Herrmann den Betrag noch einmal. Nun telefoniert er seinem Geld hinterher. Den Kundenservice empfindet er als Katastrophe.

Mitte Februar bestellte das Team der Hubertus-Apotheke über das Portal Pharma-Mall das Produkt Zejula. Der enthaltene Wirkstoff Niraparib gehört zur Gruppe der PARP-Inhibitoren und wird in der Behandlung von Ovarialkarzinomen eingesetzt. Noch am selben Tag erhielt Herrmann per Mail eine Auftragseingangsbestätigung von GSK.

Zwei Tage später erfolgte jedoch per Anruf durch den Hersteller die Mitteilung, dass das Produkt nicht ausgeliefert werden könne, da eine frühere Rechnung von einer Filiale der Apotheke nicht bezahlt worden sei. „Kurzfristig sollte uns die betreffende Rechnung geschickt werden. Die Zusendung fand weder kurzfristig noch bis zum heutigen Tag statt. Auch eine Nachfrage bei der Debitorenbuchhaltung war leider erfolglos“, so der Apotheker.

Desaster in Warteschleifen

Weil die Patientin das Medikament dringend benötigte, nahm sich Herrmann persönlich der Sache an. Zunächst versuchte er es über die Hotline: „Ein Versuch, GSK unter der gängigen Nummer zu erreichen, war erfolglos, da ich auch nach zehnminütiger Wartezeit nicht zu einem Mitarbeiter durchgestellt wurde.“ Zwischendurch sei Herrmann in den Telefonwarteschlangen wiederholt darauf hingewiesen worden, sich im Kundenportal anzumelden, um den Auftragsstatus abzufragen. „Offenbar, um Mitarbeiter im Callcenter einzusparen“, vermutet der Apotheker. Die Anmeldung und Registrierung sei aber aufgrund einer Fehlermeldung nicht möglich gewesen.

Nach einem weiteren Versuch unter einer anderen Telefonnummer konnte Herrmann endlich mit einer Mitarbeiterin sprechen: „Ich schilderte nachdrücklich die Problematik. Die Dame konnte aber keine Aussage zum Auftragsstatus machen, nur, dass wohl eine Rechnung nicht beglichen worden sei.“ Die Mitarbeiterin schickte die offene Rechnung an Herrmann – ohne allerdings mitzuteilen, dass nur ein Teil der Rechnungssumme offen war: „Der Rechnungsbetrag war kurz nach Rechnungsstellung fälschlicherweise ohne Mehrwertsteuer überwiesen worden“, so Herrmann.

Betrag nochmal gezahlt

Damit die Kundin schnellstmöglich mit dem dringenden Krebsmedikament versorgt werden konnte, beglich Herrmann kurzerhand noch einmal den kompletten Rechnungsbetrag inklusive Mehrwertsteuer – mit der Folge, dass diese Rechnung nun zweimal bezahlt wurde: einmal mit und einmal ohne Mehrwertsteuer.

Die Ware sei dann tatsächlich innerhalb von sechs Tagen geliefert worden, so der Inhaber. „Am nächsten Tag erhielt ich eine Mail von GSK mit der Frage, ob die zu viel gezahlten 4777,22 Euro auf unser Konto zurücküberwiesen werden können, was ich natürlich bestätigte. Eine Überweisung erfolgte jedoch bis heute nicht“, ärgert sich Herrmann.

Nach weiteren zwei Tagen habe er erneut eine Aufstellung erhalten, in der der Betrag von 4777,22 Euro abermals auftauchte – allerdings nicht als Guthaben, sondern erneut als Forderung. „Ich wurde um Überweisung gebeten!“ Wieder begann der Ärger von vorne: „Unter der angegebenen Telefonnummer zur Klärung erreichte ich natürlich niemanden.“ Hermann konnte auch keine Nachricht auf der englischsprachigen Mailbox hinterlassen: „Die war schlicht nicht aufnahmefähig.“

„GSK schuldet mir fast 5000 Euro“

Seit einem Monat schuldet GSK dem Apotheker also eine Summe in Höhe von 4777,22 Euro. Und selbst hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Denn GSK räumt in der Rechnung zwar ein Skonto von 1,5 Prozent bei Zahlung innerhalb von 14 Tagen ein, kassiert dies aber in der Fußnote der Rechnung gleich wieder: „Ausgenommen von der Skontoregelung sind onkologische Präparate“, heißt es dort. Gut möglich, dass hier noch einmal verrechnet wird. Für den Apotheker ist die Regelung doppelt ärgerlich: Woher solle seine Buchhaltung bitte wissen, um welche Art von Medikament es sich handele.

Hermann wundert sich, wie es so weit kommen konnte und warum schon für die Entscheidung, den Auftrag nicht auszuführen, erst anderthalb Tage später mitgeteilt hat: „Im Nachgang frage ich mich: Warum wurde der fehlende Rechnungsbetrag nicht gemahnt und warum wurden wir von der Debitorenbuchhaltung nicht auf unseren Fehler hingewiesen?“

Über Pharma-Mall erhalte er bei GSK-Bestellungen auch nur eine „Auftragseingangsbestätigung“, während für Bestellung bei anderen Herstellern eine „Bestellbestätigung“ eingehe, so der Apotheker. Dies sei „ein juristisch spitzfindiger, aber absolut kundenunfreundlicher Vorgang“, findet er. „Warum muss der Bestellvorgang bei GSK über ein fremdes Portal sowie Pharma-Mall erfolgen? Und warum versteckt sich GSK hinter verschiedenen Telefonnummern und schwer erreichbaren Portalen?“

Sein Fazit: Ein „wirklich unterirdischer Customer-Service“ und eine „schwere Kommunikation“, die nur mit erheblichem Zeitaufwand möglich sei. „Ich fühle mich durch den sogenannten Customer-Service von GSK persönlich beleidigt und herabgesetzt.“

Stellungnahme von GSK

Zum Einzelfall konnte ein Konzernsprecher auf Nachfrage nichts sagen. Man wolle Rechnungen transparenter gestalten, wichtige Angaben sollten für den Kunden sichtbarer werden: „Um den Informationsgehalt der Rechnungen für unsere Kund:innen zukünftig besser nachvollziehbar zu machen, arbeiten wir derzeit bereits mit Hochdruck an einer Lösung, die dieses Problem vermeiden wird. Wir rechnen mit einer Implementierung im Laufe des Mai“, so der Sprecher.

Die Vorwürfe zum Service weist der Konzern zurück: „Die tagesaktuelle Überprüfung unserer Qualitätsdaten des Customer Service zeigt, dass wir alle Anfragen weit unter einem festgesetzten 24h-Durchschnitt beantworten.“

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