Krankenkassen

Retax: Vier Seiten für vier Cent

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Berlin -

Retaxationen aufgrund kleinster Formfehler sind seit dem Schiedsspruch weitestgehend aus der Welt. Das heißt aber nicht, dass es heute keine sinnlosen Absetzungen seitens der Krankenkassen mehr gibt. Eine Apothekerin aus Hessen erhielt jetzt von der AOK zwei Retaxationen – über zusammen vier Cent.

In einem Fall gab es offenbar um den Zeitpunkt der Abgabe einen Preiswechsel. Das Rezept war im Frühjahr 2016 kurz vor dem Stichtag am 15. des Monats ausgestellt worden. Beim Einlesen des Rezeptes im Rechenzentrum gab es möglicherweise einen Erfassungsfehler – jedenfalls ist das die Begründung der AOK für die Retaxation.

Wäre das Rezept vor dem Stichtag beliefert worden, wäre ein höherer Herstellerabschlag fällig geworden – 38 statt 35 Cent. Die Kasse korrigierte dies, setzte drei Cent von der Rechnung ab und vermerkte in der Begründung „Abgabedatum korrigiert“.

Im anderen Fall ging es sogar nur um einen Cent. Hier weiß die Apothekerin überhaupt nicht, warum die Kasse einen anderen Preis veranschlagt, als bei ihr in der EDV ausgespielt worden war. Zur Erläuterung der Korrekturgründe heißt es seitens der AOK: „Falscher Preis/Zuschlag – Abweichung von der AMPreisV bzw. Lauertaxe“.

Die Apothekerin hat beide Fälle wegen der geringen Beträge nicht weiter recherchiert. „Aber selbst wenn die Kasse einen anderen Preis hat, weiß ich nicht, warum so ein Betrag retaxiert werden muss. Allein die vier Seiten mit diesen Cent-Retaxationen sind doch schon teurer.“

Kollegen hätten ihr geraten, schon aus Prinzip den Retaxationen zu widersprechen. Aber die Apothekerin ist beiden Fällen nicht weiter nachgegangen und wird vermutlich auch nichts dagegen unternehmen: „In der Regel mache ich es nicht. Wirtschaftlich gesehen ergibt es keinen Sinn, Einspruch einzulegen. Wir versuchen – im Gegensatz zu den Kassen – unsere Ressourcen sinnvoll einzusetzen“, so ihr Motto.

So hat sie es in der Vergangenheit auch gehandhabt – egal ob die Pronova BKK 20 Cent bei Methadon-Rezepten beanstandete oder die AOK Hessen einen Cent Differenz wegen eines vermeintlich falschen Apothekenrabatts bei Verbandmitteln zurückforderte. Der Apothekerin reicht es, jetzt einmal auf diesen Wahnsinn hinzuweisen.

Kassenvertreter halten als Argument für gewöhnlich dagegen, dass es sich bei der Rezeptprüfung um ein größtenteils maschinelles Verfahren handelt, das automatisiert abläuft und nur in Einzelfällen eine Prüfung von Menschenhand nach sich zieht. „Wenn wir eine Art Bagatellgrenze auch bei berechtigten Retaxationen ziehen, werden wir Diskussionen über Beträge bekommen, die ein paar Cent über dieser Schwelle liegen“, sagte der damalige DAK-Chef Professor Dr. Herbert Rebscher in einem langen Gespräch über die Retax-Praxis seiner Kasse.

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