AOK retaxiert trotz Genehmigung Carolin Bauer, 17.12.2015 11:20 Uhr
Retaxationen kommen oft so spät, dass die Apotheken den Fall erst einmal rekonstruieren müssen. In einer sächsischen Apotheke traf eine Reklamation der AOK Plus zwölf Monate später ein. Die Kasse wollte nicht für Ersatzsauger von Medela aufkommen. Doch die Inhaberin konnte sich an den Fall erinnern – und daran, dass die Geschäftsstelle die Übernahme der Kosten schriftlich zugesagt hatte.
Im Dezember 2014 wurde der Apothekerin ein Rezept über den Medela Special Needs Habermann Feeder, eine Spezialtrinkflasche, und ein Set von passenden Ersatzsaugern vorgelegt. Die Kundin konnte ihr Kind nicht stillen und benötigte die Hilfsmittel dringend, da das Baby mit einer Kiefer-Gaumen-Spalte geboren worden war. Die Produkte sind für Kinder gedacht, die beim Saugen kein Vakuum erzeugen können.
Da die verordneten Produkte keine Hilfsmittelnummern haben, kontaktierte die Pharmazeutin die Kasse. „Ich habe den halben Vormittag telefoniert und nach Rücksprache eine Genehmigung beantragt“, erinnert sie sich. Die Apothekerin schickte den Kostenvoranschlag mit einem Gesamtbetrag von 18,40 Euro ordnungsgemäß an die Kasse.
Am nächsten Tag erhielt sie einen positiven Bescheid von der Kasse – samt Stempel und Unterschrift. Bei der Abrechnung wurde die Genehmigung beigefügt. Außerdem quittierte die Mutter auf der Rückseite des Rezepts den Empfang der Hilfsmittel. Der Fall war für die Apothekerin damit erledigt: „Wir haben alles ordnungsgemäß abgerechnet“, sagt sie.
Doch nach 368 Tagen kam vom Rechenzentrum der Hinweis, dass die Kasse die Bezahlung abgelehnt habe. Zur Begründung wurde angeführt, dass die zehnstellige Hilfsmittelnummer gefehlt habe. Das Problem: Die Produkte haben gar keine Hilfsmittelnummer. Dass die Abrechnung daran scheitern könnte, war der Apothekerin bewusst: „Ich hatte die Genehmigung ja gerade deshalb beantragt, weil das ein Hilfsmittel ohne Nummer ist.“
Die Kostenübernahme für Hilfsmittel ist laut GKV-Spitzenverband grundsätzlich durch Krankenkassen nur möglich, wenn die Produkte im Hilfsmittelverzeichnis gelistet sind. Die Apothekerin hat sich an den Sächsischen Apothekerverband (SAV) gewandt, der sie an die Clearingstelle verwiesen hat.
Die Apothekerin hat auf Nachfrage erfahren, dass die Kasse nach der Genehmigung ein weiteres Schreiben geschickt hat. Aufgrund des Jahreswechsels sei es erst Anfang Januar eingetroffen, als die Rezepte schon weggeschickt gewesen seien. Darin stand, welche Nummern auf die Verordnung gehörten.
„Kein Mensch kann erahnen, dass sich die AOK nach 16 Tagen überlegt, uns per Post mitzuteilen, wie das Rezept zu bedrucken ist“, sagt die Apothekerin. Das Rezept müsse nun neu bedruckt und wieder eingereicht werden. Ob die Sauger dann erstattet werden, wurde ihr nicht ausgerichtet.
Von Medela sind vor allem Absauggeräte im Hilfsmittelverzeichnis gelistet. Mit Milchpumpen und Stillprodukten macht das Unternehmen aus der Schweiz etwa 90 Prozent seines Umsatzes, der im vergangenen Jahr bei rund 550 Millionen Euro lag.
Die Firma bietet seit 1961 elektrische Milchpumpen an, zunächst für den Krankenhausgebrauch in der Schweiz. 1980 brachte Firmengründer Olle Larsson seine erste Eigenentwicklung auf den Markt.