Auch in Zukunft soll jede Apotheke über ein Labor verfügen. Vorschläge, wonach es nur noch einige so genannte „Vollapotheken“ geben soll, haben keinen Eingang in den Entwurf der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) gefunden. Labor und Rezeptur werden damit bei Neueröffnungen auch weiterhin ein nicht unerheblicher Kostenfaktor sein. Aktuell investieren Apothekengründer im Mittel 18.000 bis 20.000 Euro.
Nach der derzeitigen ApBetrO gehören in ein Apothekenlabor mindestens 63 Geräte, 258 Prüfmittel, 14 Maßlösungen sowie ein Abzug. Je nach Standard der Ausrüstung können sich die Kosten bis auf 28.000 Euro steigern. Das Labor inklusive aller Geräte, Chemikalien, Möbel sowie des Abzugs und des ebenfalls in der ApBetrO vorgeschriebenen Kühlschranks macht damit rund 10 Prozent von den Gesamtkosten aus, die die Treuhand Hannover für eine Apotheken-Neugründung veranschlagt.
Aktuell darf der Abzug noch durch eine „Einrichtung, die die gleiche Funktion erfüllt“ ersetzt werden. Diese Ausnahme sieht der Entwurf der Novelle nicht mehr vor. Zukünftig muss der Abzug sogar den jeweils geltenden DIN-Vorschriften genügen - entsprechende Werkbänke kosten etwa 3000 Euro. Dafür soll es bei den vorgeschriebenen Geräten und Chemikalien für die Prüfung der Ausgangssubstanzen Lockerungen geben: Die 335 Positionen der aktuellen Anlage sollen auf zehn eingeschmolzen werden.
Künftig gehören dann nur noch Geräte zur Bestimmung der Schmelztemperatur und des ätherischen Ölgehalts, Ausrüstungen für die Dünnschichtchromatographie, eine Feinwaage, ein Fön, ein Mikroskop, eine Tüpfelplatte, eine Lupe sowie eine UV-Lampe zur Pflichtausstattung. Zudem müssen Glasgeräte, Pipetten und Büretten vorrätig sein, über ihre genaue Größe und Anzahl kann der Apotheker allerdings selbst entscheiden. Gleiches gilt für die Chemikalien, die er sich in den Laborschrank stellt. Da die nasschemischen Nachweise inzwischen in vielen Fällen durch modernere Analysemethoden ersetzt wurden, soll es keine Pflichtreagenzien mehr geben.
Auf die obligatorischen Laborgegenstände und Prüfmittel entfallen nach Angaben des Apothekenbedarf-Herstellers Wepa aktuell mindestens 8400 Euro. Da eine Reihe der kostspieligen Geräte weiterhin Pflicht sind, sind kaum Einsparungen zu erwarten.
Nach oben sind ohnehin kaum Grenzen gesetzt: So gibt es bei Fein- und Präzisionswaagen erheblich Preisunterschiede: Je nach Messbereich und technischer Ausstattung sind 800 bis 1400 Euro pro Waage einzuplanen. Ein Mikroskop kostet knapp 600 Euro. Bislang konnten sich die Kosten für die gesetzliche Mindestausstattung auf bis zu 10.000 Euro summieren.
Spezielle Vorgaben für die Geräte zur Rezepturherstellung macht die ApBetrO aktuell und auch weiterhin nicht: Die Apotheke muss lediglich sicher stellen, dass sie Kapseln, Salben, Cremes, Gele, Pulver, Drogenmischungen, Lösungen, Suspensionen, Emulsionen, Suppositorien und Ovula „ordnungsgemäß“ herstellen kann. Geräte zur Herstellung von Wasser für Injektionszwecke müssen künftig nicht mehr vorhanden sein, wenn der Ausgangsstoff von der Industrie bezogen wird.
Die Ausgaben für Fantaschalen, Löffel, Spatel, Wasserbäder, Kapselmaschinen, Zäpfchengießformen, Herstellgeräte für Salben und ähnliches können sich auf 5000 bis 6000 Euro summieren. Die Kosten für Rührgeräte liegen je nach technischer Ausstattung zwischen 470 Euro und 2200 Euro.
Doch mit der Anschaffung ist es nicht getan. Auch die Wartung der Geräte ist kostenintensiv. So müssen die Waagen alle zwei Jahre nachgeeicht werden. Auch Schmelzpunktgeräte, Refraktometer und Thermometer sind in regelmäßigen Abständen neu zu kalibrieren. Die Vertreiber von Apothekenbedarf bieten ihren Kunden Services in unterschiedlich großem Umfang an - von der Wartung einzelner Geräte bis hin zu einer Inspektion der kompletten Laboreinrichtung als Vorbereitung der Revision. Für das Komplettpaket fallen Kosten von bis zu 700 Euro jährlich an.
Angesichts der hohen Kosten ist für die Apotheken insbesondere die Frage, wie viel die Rezepturherstellung aus ökonomischer Sicht einbringt, interessant. Die Treuhand Hannover hat hierzu anhand der Zahlen des Arzneiverordnungsreport 2008 eine Beispielrechnung aufgestellt: Demnach wurden 10 Millionen normale Rezepturen sowie sechs Millionen Spezialrezepturen (Zytostatika, Methadon) angefertigt. Werden für die Herstellung einer normalen Rezeptur etwa 15 Minuten veranschlagt, so wären laut Treuhand im betrachteten Zeitraum 1400 Vollzeit-Pharmazeuten (1800 Jahres-Arbeitsstunden) nur mit der Herstellung beschäftigt gewesen.
Bei einer Standardrezeptur mit einem Preis von 22,44 Euro würden nach Abzug des Wareneinsatzes laut Treuhand-Berechnung 11,60 Euro übrig bleiben. Bei Arbeitskosten von 25 Euro pro Pharmazeutenstunde würde der Deckungsbetrag auf etwa 5 Euro sinken. Noch nicht berücksichtigt sind in der Rechnung allerdings sonstige laufenden Kosten wie zum Beispiel die Miete.
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