Spenden und Rezepte

Korruptionsprozess: Oberarzt entlastet Apothekerin

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Berlin -

Ein vermeintlich kleiner Fauxpas, der ihn die Karriere gekostet hat: So schildert der Onkologe Professor Dr. Markus R. seine Sicht auf die Bestechungsvorwürfe gegen ihn und die Apothekerin Monika L. In Berlin wurde heute der Korruptionsprozess gegen die beiden fortgesetzt. Der ehemalige Oberarzt der Charité hat dabei die Darstellung der Apothekerin gestützt – und seine eigene Geschichte tragisch dargestellt.

Markus R. hat eine ansehnliche Karriere hingelegt. Als Arzt hat er nicht nur Krebs- und HIV-Patienten behandelt, sondern auch die Lehre und Forschung an der Charité in seinem Bereich geprägt. Er hat junge Mediziner ausgebildet, eine Forschungsgruppe aufgebaut und deren wissenschaftliche Ergebnisse publiziert. „Aus vollem Herzen und mit ganzer Kraft habe ich mich für die Charité eingesetzt“, sagt er und ringt dabei nach Worten. Die Mühen wurden belohnt, er wird Professor, Chef der onkologischen Ambulanz, schließlich stellvertretender Klinikdirektor.

Doch dann kommt die Polizei. Kurz bevor seine Vertragsverlängerung ansteht, wird sein Büro durchsucht. Der Vorwurf: Korruption. Seine Karriere ist damit vorbei, der Vertrag wird nicht verlängert, R. fliegt raus. Als hoch qualifizierter Mediziner findet er natürlich schnell eine neue Anstellung bei der Klinikkette Paracelsus. Sein Arbeitgeber ist jedoch vor Kurzem insolvent, der Mediziner ist wieder arbeitslos. „Meine berufliche Zukunft ist ungewiss“, sagt er. Versuche potentieller Arbeitgeber, etwas über ihn herauszufinden, spucke das Internet aber vor allem eines aus: Berichte über einen korrupten Arzt, über Ermittlungen wegen „besonders schwerer Bestechung und Bestechlichkeit in 14 Fällen“. Das wird R. und der Monika L. nämlich von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen.

Technische Geräte im Wert von insgesamt 30.000 Euro habe die Apothekerin der onkologischen Ambulanz zwischen 2009 und 2012 zukommen lassen, ausschließlich Bürobedarf wie Computer, Drucker, Scanner oder Diktiergeräte. Im Gegenzug habe Markus R. der Apotheke über die drei Jahre Rezepte im Gesamtwert von 3,7 Millionen Euro zugewiesen. 400.000 Euro Vorteil habe das der Apothekerin eingebracht, was beide abstreiten. Die Zuwendungen hatte L. als Spenden ausgewiesen; der Arzt hatte der Apothekerin – entgegen der Drittmittelsatzung der Charité – persönlich Spendenbescheinigungen ausgestellt. Das wiederum bestreitet niemand.

„Ich muss gleich zu Beginn klarstellen, dass mir heute bewusst ist, dass ich da naiv gehandelt habe.“ Dabei habe er allerdings nichts in die eigene Tasche wandern lassen – alle Zuwendungen seien nämlich ausschließlich an die onkologische Ambulanz der Charité gegangen. Wie schon die Apothekerin zwei Tage zuvor beschreibt auch der 60-Jährige die damalige Situation der IT dort als „katastrophal“. Die Gerätschaften, insbesondere die Computer, seien hoffnungslos überaltert gewesen. Teilweise sei es nicht einmal möglich gewesen, die notwendige Software für Abrechnungen zum Laufen zu bringen. Selbst Rezepte hätten oft nicht gedruckt werden können, weil keiner der Drucker mehr funktionierte, hatte auch die Apothekerin am Dienstag erzählt.

Die Zustände in der Ambulanz habe er natürlich auch immer wieder gegenüber Gesprächspartnern erwähnt. Eine davon war Monika L. Sie verbinde eine lange persönliche Geschichte mit der Charité, insbesondere mit der Krebsambulanz. Beziehungen zum Universitätsklinikum habe sie bereits seit Anfang der 70er-Jahre, als sie dort während des Studiums ihr Pharmaziepraktikum absolvierte. Später sei in der Krebsambulanz nicht nur ihr Vater, sondern auch sie selbst jahrelang behandelt worden. Deshalb habe sie die Einrichtung unterstützen wollen. Dass ihr Sohn eine Elektronikfirma betreibt, kam da gelegen: Über ihn ließ sie die Gerätschaften in mehreren Lieferungen der Ambulanz zukommen.

Und R. war dankbar für die Hilfe: „Ich habe niemals das Gefühl gehabt, dass Frau L. irgendeine Gegenleistung erwartet“, sagt er vor Gericht. Also stellte er ihr für die wohltätige Gabe Spendenquittungen aus. Hier wäre die Geschichte theoretisch vorbei gewesen. Ist sie allerdings nicht, denn Monika L. stand über ihre Apotheke in geschäftlichen Beziehungen mit der Charité. Und Spenden von Geschäftspartnern anzunehmen, ist der Charité verboten. Wenn überhaupt, hätte R. für die Zuwendungen eine Genehmigung beantragen müssen.

Dass er selbst gar keine Spendenquittungen ausstellen darf, sei ihm gar nicht in den Sinn gekommen. Natürlich könne er das, habe er sich gedacht und sich nicht weiter zu dem Sachverhalt informiert. Immerhin sei er ja stellvertretender Direktor. „Das war ein schwerer Fehler, den ich sehr bereue“, gibt er zu Protokoll. „Aber den Vorwurf, ich hätte mich selbst in irgendeiner Form bereichern wollen, weise ich entschieden zurück.“

Den Vorwurf, dass mit den von ihm ausgestellten Rezepten die Krankenhausapotheke umgangen worden sei, weist er ebenfalls zurück. Es seien nämlich entgegen der Anklage gar keine individuell angefertigten Zytostatika gewesen, die die Apotheke der Angeklagten geliefert habe, sondern Fertigarzneimittel. Und die habe er gar nicht aus der Krankenhausapotheke beziehen können.

Er verweist auf eine Mitteilung des Berliner Landesamtes für Gesundheit und Soziales (Lageso), worin auf die unterschiedliche Warenkette von Krankenhaus- und öffentlichen Apotheken verwiesen wird. Tatsächlich sind bei der Charité die Zuständigkeiten der Klinikapotheke einzelvertraglich geregelt, sodass seine Ambulanz die benötigten Medikamente nicht im eigenen Haus anfordern konnte.

Seine Aussagen decken sich weitestgehend mit denen der mitangeklagten Apothekerin. Die Zeugenbefragung wird nun bis Mitte März zeigen müssen, ob die beiden etwas verschweigen oder ob sie tatsächlich nur Opfer einer Fahrlässigkeit geworden sind.

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