Apotheker Jens Beuth verteidigte eine muslimische Angestellte gegen eine Kundin, die sich an dem Kopftuch der PTA störte. Seine Reaktion veröffentlichte er auf Facebook – und sie zog weite Kreise: Zahlreiche Nutzer teilten seinen Post, Medien griffen die Geschichte auf. Ganz vorüber ist die Aufregung nicht, Beuth erhielt Vorwürfe in anonymen Briefen.
Selbst in der Apotheke eines Bochumer Kollegen gingen entsprechende Schreiben ein. Der anonyme Absender wirft Beuth vor, sich öffentlich für den Koran und seine Inhalte einzusetzen. „Herr Beuth, wissen Sie, was Sie da unterstützt und verteidigt haben?“, fragt der Schreiber. Er greift einzelne Surenverse heraus, die für ihn offenbar stellvertretend für den islamischen Glauben und alle Muslime stehen.
So zitiert er etwa eine Sure, die aus seiner Sicht Ehen mit Mädchen im Kindesalter gestattet. Zudem könnten diese Ehefrauen von ihren Männern zum Geschlechtsverkehr gezwungen werden, heißt es im Schreiben weiter. Dazu werden Fotos unglücklicher, kopftuchtragender Frauen gezeigt. „Herr Beuth! Ist es möglich, dass die von Ihnen diffamierten Kunden eventuell etwas mehr über den Koran wissen als Sie?“, schließt der Absender. Beuth solle an die Bilder denken, wenn er sich nochmals so für den Koran einsetzen wolle.
Bei Beuth sind verschiedene solcher Briefe ohne Absender eingegangen. Die negativen Reaktionen seien einige Tage später gekommen als die positiven – und seien meist anonym. „Mir wurde zum Beispiel vorgeworfen, Kinderschändung zu unterstützen“, sagt er. Andere hätten die Hoffnung geäußert, dass er bald insolvent gehen würde.
Dabei sei es ihm nicht darum gegangen, eine bestimmte Politik oder Religion zu verteidigen. „Meine Mitarbeiterin ist wegen ihres Aussehens angegriffen worden. Hätte ich nichts dagegen gesagt, wäre das schlimm gewesen“, sagt Beuth. Dazu stehe er und daher müsse er nun auch die negativen Konsequenzen tragen. Er versuche, sie an sich abprallen zu lassen: „Ich würde auch im Nachhinein betrachtet alles wieder so machen.“
Verschiedene Medien waren auf Beuth zugekommen, um über den Fall zu berichten. Sat1, RTL und der WDR hätten bei ihm in der Apotheke gefilmt. „Es kam sogar der Vorwurf, dass alles nur billige PR sei und es in Wahrheit keine Kundenbeschwerde gegeben hätte“, sagt Beuth. Tatsächlich habe er nie mit so viel öffentlicher Aufmerksamkeit gerechnet – sein Verhalten sei für ihn „eine Selbstverständlichkeit“ gewesen. Und: „Ich habe nicht mehr oder weniger Kunden als zuvor.“
Nach wie vor erhalte er positive Reaktionen. „Ich bekam viele Briefe, Anrufe und Besuche; auch Geschenke wie Blumen und Bier“, sagt Beuth. Beim Besuch eines Fußballspiels sei er erkannt worden. Eine Kundin habe sich bei ihm bedankt und berichtet, dass seine Reaktion den Anstoß zu Gesprächen zwischen einem muslimischen Verein aus Bochum und der Stadt gegeben hätten: Nun soll etwa offen diskutiert werden, ob kopftuchtragende Frauen bei der Arbeit mit Probleme konfrontiert werden.
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