Kommentar

Erst mal sind alle korrupt

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Berlin -

Spargel ist derzeit noch sehr teuer, Erdbeeren ebenfalls. Geld ist dagegen aktuell sehr billig, auch wenn der Satz immer etwas absurd klingt. Eine vorfällige Zahlung wäre demnach heute weniger Wert als in einer Hochzinsphase. Dass aber die Annahme von Skonti deswegen gleich strafbar sein soll, ist eine Erfindung des Großhandels.

Die Großhändler haben sich einen Teil ihrer Marge vom Gesetzgeber schützen lassen: Ihr Fixum von 70 Cent ist nicht rabattfähig. Gestritten wird demnächst vor Gericht, inwiefern Skonti diese Rabattschwelle berühren. Der Ausgang ist wie bei jedem Verfahren offen. Dass selbst die Angreiferseite dies so bekundet, dürfte sich allerdings in den Wettquoten niederschlagen. In ein paar Jahren wissen wir, ob Skonto gleich Rabatt ist und wann Apotheken in Zukunft ihre Großhandelsrechnung begleichen.

Obwohl von der Entscheidung alle Großhändler betroffen wären, passt es in die Zeit, dass ausgerechnet der Branchenstörenfried AEP vor Gericht steht. Das heizt nicht nur die Spekulationen an, wer hinter der Klage der Wettbewerbszentrale steckt, sondern verlagert den Streit auch mehr als in jeder anderen Konstellation auf die Ebene von Wettbewerb und Marketing.

AEP kann die Klage wunderbar für das eigene Image nutzen. Phagro-Chef Dr. Thomas Trümper wollte den Spieß offenbar umdrehen und den Konkurrenten wegen des Verfahrens in Misskredit bringen. Das löste einen neuen Streit über den Skonto-Streit aus, weil Trümper sich zu der Warnung hinreißen ließ, Apotheker würden sich heute strafbar machen, wenn Skonti morgen von dem Anti-Korruptionsgesetz erfasst sind. Das Berliner Landgericht erinnerte ihn auf Wunsch von AEP daran, dass Gesetze erst nach Inkrafttreten gelten und erließ eine einstweilige Verfügung gegen den Phagro und seinen Vorsitzenden.

Der Zwist ist nur eine Randerscheinung, jedoch spiegelbildlich für einen allgemeinen Trend: der anlasslosen Kriminalisierung der Apotheker. Es ist sehr fraglich, dass sich irgendein Staatsanwalt für branchenübliche Skonti von Apotheken interessieren wird. Es gab und gibt vermutlich heute Absprachen zwischen Ärzten, Herstellern, Apothekern oder anderen Beteiligten, die für die Ermittlungsbehörden relevant sind. Einkaufskonditionen mit Zahlungsziel sollten ganz am Ende der Agenda der Staatsanwälte stehen. Trotzdem reden alle darüber.

Anderes Beispiel: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will Manipulation an Kassen unterbinden. Sein Haus hat unter anderem bei der ABDA nachgefragt, mit welchem Aufwand in den Apotheken die Kassen nachgerüstet werden müssten. Die Standesvertretung hat abgewinkt und die Pläne als unangemessen zurückgewiesen.

Aber es gibt ja noch die Grünen. Die erkundigen sich im Bundestag nach Steuerausfällen und schreiben schon in die Einleitung ihres Fragenkatalogs, dass Betriebsprüfer Betrug an der Kasse bei Apotheken nachgewiesen hätten. Dabei mussten inzwischen selbst die Finanzdirektionen der Länder einsehen, dass in Apotheken nicht so viel zu holen ist, wie man sich vor Jahren versprochen hatte. Doch jeder Einzelfall stellt den ganzen Berufsstand unter Generalverdacht. Und es gibt Kräfte im System, die anscheinend genau das wollen.

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