Kommentar

Retax zur Sicherheit

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Berlin -

Null-Retaxationen sind erlaubt und deshalb retaxieren Kassen auf Null. An dem merkwürdigen Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) können sich die Kassen erst einmal satt essen. Doch wenn die Rezeptkontrolle jetzt immer mehr zum Selbstbedienungsladen wird, kommt das Ende in Sicht: Die Politik fängt schon wieder an, sich für Vollabsetzungen zu interessieren.

Es ist gut, dass für teratogene Wirkstoffe besondere Sicherheitsmaßnahmen gelten. Es ist auch richtig, dass auf die Einhaltung dieser Bestimmungen geachtet wird. Und man kann von einem akademischen Heilberufler auch bei noch so viel Stress in der Offizin erwarten, drei Kreuzchen zu zählen. Dass die Kassen Verstöße ahnden, kann die Achtsamkeit bei der Abgabe erhöhen und damit für mehr Sicherheit sorgen. Daran gibt es nicht viel zu deuteln.

Anders liegt der Fall bei Retaxationen, die mit der Sicherheit nichts mehr zu tun haben. Wenn die Apotheke selbst formale Fehler auf einem Rezept entdeckt und die daraus resultierende Unsicherheit in Rücksprache mit dem Arzt ausräumt, ist die Versorgung optimal. Und an einer optimalen Versorgung ihrer Versicherten sollte eigentlich auch jede Kasse interessiert sein.

Bei Retaxationen im fünfstelligen Bereich drängt sich jedoch leider der Verdacht auf, dass die Interessen anders gelagert sind. Zu hartnäckig hält sich das Gerücht, die Rezeptprüffirmen der Kassen arbeiteten auf Provisionsbasis. Ein fehlendes Kreuz auf einem T-Rezept ist für diese Firmen wie ein richtig gesetztes Kreuz auf einem Lottoschein.

Und für die Kassen ist das ganz bequem: Sie müssen sich gar nicht zwischen Kassieren und Versorgen entscheiden. Der Patient hat sein Arzneimittel korrekt erhalten, der Apotheker bleibt auf der Rechnung sitzen.

Da die Sozialgerichtsbarkeit fast immer zu Gunsten der Kassen entscheidet, müssen die Apotheker auf die Politik hoffen. Die Koalition hat angekündigt, Null-Retaxationen wegen Formfehlern in dieser Legislatur zu verbieten, vielleicht noch 2014.

So weit war die schwarz-gelbe Regierung auch schon, nachdem die BKK-Rezeptprüfer von Protaxplus systematisch falsche Abkürzungen auf BtM-Rezepten gesucht hatten. Doch die Retaxkassen knickten damals ein, als der Gegenwind zu heftig wurde – und die Regierung sah keine Notwendigkeit mehr für eine gesetzliche Regelung. Noch einmal wird die Politik hoffentlich nicht auf falsche Besserungsgelöbnisse hereinfallen.

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