Zehn Jahre nach Lockerung des Mehrbesitzverbots ist der Mehrbesitz im Apothekenalltag angekommen: Jede fünfte Apotheke wird faktisch nicht mehr von ihrem Besitzer geführt, sondern von einem angestellten Filialleiter. Das Bild vom Apotheker in seiner Apotheke – ein Anachronismus?
Bis 2004 das Mehrbesitzverbot gelockert wurde, war die Zahl der Apotheken seit 2000 rückläufig. Durch die Übernahme als Filiale konnten einige Apotheken vor der Schließung bewahrt werden. Das führte vorübergehend zu einem Wachstum, aber seit 2008 geht es steil bergab. Während die Zahl der Apotheken insgesamt sinkt, steigt die Zahl der Filialen, zuletzt waren es knapp 4200. Zählt man die jeweiligen Hauptapotheken hinzu, zeigt sich, dass bereits mehr als jede dritte Apotheke zu einem Verbund gehört.
2003, vor Beginn der Filialisierung, gab es noch 21.305 Apothekenleiter – inzwischen sind es rund 5000 weniger. Und zwischen ihnen klaffen gewaltige Unterschiede: Während die einen Filialverbünde führen und Umsätze jenseits von fünf Millionen Euro erwirtschaften, erreichen 60 Prozent nicht den von der ABDA ausgewiesenen Durchschnittsumsatz von 2,02 Millionen Euro.
Daran zeigt sich auch, dass sich das Problem in Zukunft verschärfen wird. Denn Apotheken, die den Durchschnittsumsatz nicht erreichen, werden zunehmend unverkäuflich. In Zeiten, in denen man nie weiß, was das nächste Spargesetz bringen mag, setzen Existenzgründer lieber auf große Apotheken oder gar Verbünde – um im Zweifel einen Puffer zu haben.
Wenn die kleinen Apotheken aber nicht mehr übergeben werden können, müssen sie schließen. Unmittelbar profitieren davon die Überlebenden: Höhere Umsätze bringen hoffentlich nicht nur mehr Ertrag, sondern steigern am Ende auch den Verkaufswert. Allerdings führt die Entwicklung auch dazu, dass es immer weniger Apotheken gibt, die zudem immer teurer werden.
Der Rückgang kann nicht nur für die Versorgung der Patienten problematisch werden, sondern auch für den Beruf. Da die Gewinne nicht in gleichem Maß steigen wie die Umsätze, müssen größere Apotheken oder Verbünde länger abbezahlt werden. Der freiberufliche Apotheker wird also nicht nur seltener, sondern auch abhängiger von Kreditgebern, mithin externen Kräften im System.
Das macht es wiederum schwierig, die zahlreichen Regeln und Strukturen zu verteidigen, die eben diesen freien Heilberufler schützen sollen – denn der wird immer mehr zum Kaufmann. Bei der ABDA scheint man sich von den kleinen Apotheken gedanklich ohnehin verabschiedet zu haben: Präsident Friedemann Schmidt empfahl Studenten bereits 2013, sich lieber zusammenzutun und in große Apotheken zu investieren. „Kleine Buden“ wird es ohnehin immer weniger geben. Ob die wirklich nicht gebraucht werden – auf dem Land und bei der ABDA – steht auf einem anderen Blatt.
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