Kommentar

Apotheker sind zu teuer

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Berlin -

Ausgefallene Stellenanzeigen, Headhunter, 40 Prozent über Tarif – Apotheker versuchen fast alles, um an gutes Personal zu kommen. Oder überhaupt an Personal. Der Fachkräftemangel ist vielerorts zu einem ernsten Problem geworden, wie inzwischen sogar amtliche Zahlen nahelegen. Der Fehler liegt im System: Apotheker sind für Apotheken zu teuer, weil sie für andere Arbeitgeber billig sind.

Das erste Gehalt eines Approbierten direkt nach der Uni ist gar nicht so schlecht. Das Tarifgehalt sieht 3280 Euro vor, je nach Region und Lage der Apotheke wird mehr gezahlt, Notdienste werden ohnehin extra vergütet. Es gibt Branchen, in denen Berufseinsteiger mehr verdienen, aber auch viele andere, in denen Akademiker mehr arbeiten und mit weniger auskommen müssen.

Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass Pharmazeuten zwar eine gute Ausbildung genießen, auf den Berufsalltag aber an der Universität zwangsläufig nur mäßig vorbereitet werden. In der Offizin müssen sie sich viele Fähigkeiten erst aneignen, müssen den Handverkauf lernen und wie man als Seelsorger auftritt statt als Pharmazeut. Das gilt vor allem für jene Absolventen, die den zweiten Teil ihres Praktischen Jahrs in der Industrie oder einer Krankenhausapotheke absolviert haben.

Aber auch sonst gilt: Jede Apotheke tickt anders und die unvermeidliche Phase der „Ausbildung“ fällt je nach Geschick des Nachwuchsapothekers kürzer oder länger aus. Für die Inhaber bedeutet das, dass ein Jungapprobierter ein verhältnismäßig teurer Angestellte ist – verglichen mit einer erfahrenen PTA.

Aber sind Apotheker deshalb wirklich zu teuer? Die Steigerungen im Tarifvertrag sind mäßig, nach elf Jahren Berufserfahrung hat man die Obergrenze von 3978 Euro erreicht. Hier gibt es in anderen Jobs mehr Dynamik und auch inhaltlich mehr Entwicklungsmöglichkeiten. Mit dieser Konkurrenz müssen sich auch Inhaber immer wieder herumschlagen. In den USA liegen die Jahresgehälter jenseits der 100.000-Dollar-Grenze.

Nicht zuletzt lockt hierzulande die Pharmaindustrie mit deutlich höheren Gehältern. Das gilt für Apotheker, aber auch für PTA. Erstere werden vor allem für die Forschung gesucht, letztere sind mit einigen Jahren Berufserfahrung besonders im Außendienst gefragt, weil sie wissen, wovon sie reden und wie die Apotheker ticken. Beides sind Topfachkräfte für diese Unternehmen und im Grunde günstig zu haben. Also trifft die Aussage, dass Apotheker (und PTA) zu billig sind, ebenso zu.

Mit den außerhalb der Offizin gezahlten Gehältern kann sich eine Apotheke normalerweise nicht messen, sondern muss auf die Mitarbeiter hoffen, die sich zur Arbeit in der Offizin im wahrsten Sinne berufen fühlen. Gleichzeitig sollte innerhalb der Apotheke die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Wird ein Filialleiter oder Approbierter buchstäblich mit allen Mitteln in die Apotheke gelockt, kann das nicht nur betriebswirtschaftlich problematisch sein, sondern auch den Betriebsfrieden gefährden.

Es ist mittlerweile eine geflügeltes Wort, ein Standort lohne sich als Filiale nicht. Das heißt im Umkehrschluss: Ein Apotheker als Inhaber dieses Standorts verdient weniger oder jedenfalls nicht deutlich mehr als ein Filialleiter bekommen würde – bei voller Verantwortung und finanziellem Risiko. Die Zahlen der Steuerberatungsgesellschaften bestätigen genau dies.

Keiner weiß genau, wie viele Apotheken heute nur noch mit dem Verantwortungsgefühl und der Selbstausbeutung der Inhaber gehalten werden, aber die immer wieder erfolglose Nachfolgersuche stimmte diesbezüglich wenig zuversichtlich. Der Rückgang der Apothekenzahlen dürfte betriebswirtschaftlich schon deutlich weiter fortgeschritten sein, als die aktuellen Zahlen belegen.

Angesichts dieser Entwicklung muten manche öffentliche Debatten über das Apothekenhonorar lächerlich an. Lächerlich, aber auch gefährlich. Wenn Tarifrunden ausgesetzt werden, weil der Gesetzgeber eine regelmäßige Honoraranpassung verweigert, verlieren die Apotheken die Wettbewerbsfähigkeit bei der Personalsuche. Die Frage ist nicht, ob Apotheker zu billig oder zu teuer sind, sondern ob sich die Gesellschaft eine wohnortnahe Arzneimittelversorgung leisten möchte oder nicht.

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