Preisbildung

Kogenate: BSG prüft XXL-Retaxationen

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Berlin -

Das Bundessozialgericht (BSG) beschäftigt sich in der kommenden Woche mit mehreren Retaxationen – und zwar im sechsstelligen Bereich. Eine Kasse hatte einer Apotheke die gesamte Abrechnung in Höhe von 630.000 Euro gestrichen.

In dem Fall geht es um die Abgabe von Kogenate (Octocog alfa). Zwischen November 2014 und September 2015 hatte ein Apotheker aus Baden-Württemberg insgesamt fünf Rezepte eines Versicherten der mhplus BKK beliefert, auf denen das Hämophiliepräparat verordnet worden war. Die ersten vier Verordnungen rechnete er dabei auf der Grundlage des Listenpreises zuzüglich eines Aufschlags von 3 Prozent ab.

Tatsächlich hatte er das Arzneimittel zu einem geringeren tatsächlichen Einkaufspreis beim Hersteller Bayer direkt bezogen. Nachdem die Kasse davon Kenntnis erlangt und die tatsächlichen Einkaufspreise abgefragt hatte, berechnete der Apotheker die fünfte Verordnung auf der Grundlage des tatsächlichen Einkaufspreises plus Zuschlag von 4,5 Prozent.

Tatsächliche Einkaufspreise

Die BKK sprach Nullretaxationen aus: Nach den Vorgaben der landesvertraglichen Preisvereinbarung sei er zur Abrechnung auf der Grundlage des tatsächlichen Einkaufspreises nebst einem Zuschlag von 3 Prozent verpflichtet. Aus demselben Grund sei auch die fünfte Verordnung zu beanstanden, da hier ein höherer Zuschlag berechnet worden sei.

Insgesamt retaxierte die Kasse einen Betrag von 630.092,20 Euro, der nur im Umfang von 17.253,87 Euro mit späteren Abrechnungen aufgerechnet werden konnte.

Daher klagte die Kasse auf Auszahlung des restlichen Volumens. Das Sozialgericht Karlsruhe (SG) gab der Klage statt und verurteilte den Apotheker zur Zahlung nicht aufgerechneter geleisteter Vergütung nebst Zinsen. Seine Widerklage auf Zahlung einbehaltener Vergütung nebst Zinsen wurde abgewiesen.

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) wies die Berufung des Apothekers zurück, seine Widerklage und seine im Berufungsverfahren erhobene Klage auf Feststellung, dass die BKK durch die gegenwärtige Versorgung des Versicherten rechtswidrig handele, wurden abgewiesen.

Überhöhte Preise abgerechnet

Dem Inhaber habe für die streitigen Abrechnungen kein Vergütungsanspruch zugestanden, so die Argumentation. Maßgeblich für die Abrechnung des gentechnisch hergestellten Faktor-Präparats sei mangels Geltung der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) die landesvertragliche Preisvereinbarung. Diese sei dahin auszulegen, dass nur der geringere tatsächliche Einkaufspreis nebst einem Zuschlag von 3 Prozent abgerechnet werden durfte, nicht aber den Listenpreis plus Zuschlag beziehungsweise ein Zuschlag von 4,5 Prozent auf den tatsächlichen Einkaufspreis.

Gemessen hieran habe der Apotheker gegenüber der Kasse überhöhte Preise abgerechnet, weshalb die Beanstandung zutreffend und deren vollständige Erstattungsforderung der geleisteten Vergütung zulässig sei. Das Beanstandungsverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die im Berufungsverfahren erhobene Feststellungsklage des Beklagten sei bereits unzulässig.

Vor dem BSG rügt der Apotheker insbesondere die Verletzung der Vorschriften nach Sozialgesetzbuch (SGB V) § 129 (Rahmenvertrag) sowie Grundgesetz Artikel 12 (Berufsfreiheit) sowie Artikel 14 (Eigentumsrechte). Sein mit Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Leistungspflicht entstandener Vergütungsanspruch könne schon nicht wegen angeblich unzutreffender Abrechnung untergehen. Auch sei die Auslegung der landesvertraglichen Preisvereinbarung durch die Vorinstanzen unzutreffend; Ausgangspunkt der Preisberechnung habe stets der Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers nach der Lauer-Taxe zu sein.

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