Verkauft, verlassen, verschimmelt Silvia Meixner, 08.08.2017 15:13 Uhr
Von einem Tag auf den anderen musste die Maxmo-Apotheke Hohe Straße in Köln wegen Schimmel im Keller schließen. Das löst in der Branche Diskussionen aus: Falscher Standort? – fragen die einen. Zu teuer, von Anfang an – sagen die anderen. Was sagt Apotheker Steffen Kuhnert? Er hat riskiert – und verloren. Aber nur den Standort, nicht den Mut.
Spurensuche in der Kölner Innenstadt. Die „Hofapotheke“ am Wallrafplatz, am Ende der Hohe Straße ist längst geschlossen. In der ehemaligen Offizin befindet sich heute das Luxusunternehmen Bulgari (Schmuck, Uhren, Parfum, Lederwaren). Die Apotheke „Zum goldenen Kopf“ gibt es ebenfalls schon lange nicht mehr. Die Miete können sich heute nur noch große Unternehmen leisten. Der aktuelle Mieter ist Vodafone, ein Flagship-Store.
Mehr als 300 Jahre lang war die Apotheke eine Institution in der Kölner Altstadt. Der erste Besitzer eröffnete im Jahr 1688 in der Schildergasse. Bis 2012 leitete Hans-Gerd Lennartz das Unternehmen. Drei Jahrzehnte betreute er die Kunden des Traditionshauses. Da keines seiner Kinder Pharmazeut werden wollte, entschied er schweren Herzens, die Apotheke nicht weiterzuführen.
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, so Lennartz damals, stimmten einfach nicht mehr. Trotz bester Innenstadtlage war ein rentabler Betrieb in den Jahren vor der Schließung kaum noch möglich. „Durch die Änderungen in der Apothekenbetriebsordnung wären jetzt noch einmal hohe Kosten auf mich zugekommen. Das wollte ich mir nicht zumuten“, erklärte Lennartz vor fünf Jahren.
Des einen Leid, des andern Freud? Es gehört zum Rhythmus von Städten, dass Altes verschwindet und Neues kommt. Und so war auch Steffen Kuhnert optimistisch, als er vor drei Jahren seine Maxmo-Apotheke eröffnete. Eine Entscheidung gegen den Trend. Auch die hohen Mietpreise in der Kölner Innenstadt schreckten ihn nicht ab. Für Gewerbeobjekte werden in der Hohe Straße derzeit Quadratmeterpreise von 250 bis 300 Euro aufgerufen.
„Ich war mutig, aber konkurrenzlos, weil die fußläufige Kölner Innenstadt keine wirkliche Konkurrenz mehr hat“, sagt er. Und ist auch heute noch überzeugt: „Der Standort hat Riesen-Potenzial.“ Denn ausgebremst wurde er nicht von fehlender Kundschaft oder unbefriedigenden Geschäftsergebnissen. Der Grund für die sofortige Schließung der Maxmo-Apotheke Hohe Straße in der vergangenen Woche war Schimmel im feuchten Keller. Der Betriebsarzt hatte empfohlen, den Mitarbeitern die Nutzung des Kellers zu untersagen. Die Feuchtigkeit drohte sich bereits in den Verkaufsraum im Erdgeschoss auszubreiten. In den Verkaufsräumen war nichts zu bemerken; Kunden hatten den Eindruck, sich in einer hochmodernen Apotheke zu befinden.
Ein Kölner Kollege – die beiden kennen einander nicht persönlich – steht Kuhnert in diesen schwierigen Tagen bei. Erik Tenberken, Chef der der Birken-Apotheke und der Westgate-Apotheke sagt: „Ich ziehe meinen Hut vor diesem Kollegen. Er hat mit der Maxmo-Apotheke eine wirklich tolle Apotheke hochgezogen.“ Er kennt die Probleme der Apotheken in der Kölner Innenstadt: „Vor meiner Selbständigkeit habe ich zwei Jahre die Kreuz-Apotheke geleitet.“ Sie wurde geschlossen – aus den selben Gründen, aus denen auch die anderen Apotheker aufgeben mussten: Der Standort rechnete sich nicht mehr.
„Die Kölner Innenstadt ist ein schwieriges Pflaster“, sagt Tenberken, „ich habe zweieinhalb Jahre dort gearbeitet. Es ist ein völlig anderes Arbeiten als an anderen Standorten. Die Menschen haben keine Zeit, jeder ist in Eile.“ Lange Zeit ging es der Kreuz-Apotheke sehr gut: „Sie wurde Ende der 60er-Jahre gegründet und 1995 zugemacht. Der Laden lief lange super. Aber irgendwann wurden die Mieten so hoch, dass man sie nicht mehr erwirtschaften konnte.“ 1993 machte er sich selbständig – an einem anderen Standort. Über die Kölner Innenstadt sagt er aus Apothekersicht: „Man muss eine sehr, sehr gute Lage haben, damit sich das rentiert.“
Derzeit räumen Kuhnerts Mitarbeiter und er die Maxmo-Apotheke aus, Übergabe ist spätestens Ende des Monats. Monatelang versuchte der Apotheker, mit seiner Vermieterin eine Lösung für das Schimmel-Problem zu finden. Mehrere Versuche von APOTHEKE ADHOC, mit der Kölner Hausverwaltung in Kontakt zu treten, liefen ins Leere. Seit Tagen läuft ein Tonband: „Dieser Anschluss ist vorübergehend nicht erreichbar...“
Eine neue Standortsuche in der Kölner Innenstadt hat Apotheker Kuhnert derzeit nicht vor. „Wir müssen uns erst wieder berappeln.“ Langfristig wäre es allerdings durchaus denkbar, dass er in die Kölner Innenstadt zurückkehrt: „Es war die richtige Entscheidung, gerade in dieser Lage.“ Er glaubt nach wie vor an den Standort und sein Potenzial.